Ein Preis für den Opa von Twitter
In einer Branche, in der es jeden Tag Neues zu entdecken gibt und die sich schneller denn je (zuweilen auch um sich selbst) dreht, kann diese Entscheidung der Jury durchaus als mutig verstanden werden: Vor einigen Tagen erging der renommierte Dr.-karl-renner-publizistikpreis in der Kategorie Online an ... den Orf-teletext. Im Jahr 2017. Kein Scherz.
Nicht nur einiges Augenreiben und ungläubiges Nachfragen dürften die Folge gewesen sein, auch für Häme und Spott war gesorgt. Der Renner-preis ein Nostalgieobjekt, die Verleihung eine Retroveranstaltung und lineares Fernsehen als neue alte Zukunftshoffnung?
Man mag dagegenhalten: Wenn Bob Dylan den Literaturnobelpreis bekommt, darf der Teletext auch eine Online-auszeichnung bekommen. Die Reichweite des Formats mit Twitter-ähnlicher Kürze ist groß, 1,5 Millionen Menschen informieren sich wöchentlich per Teletext. Das Erstaunlichste: Der Orf-redaktion gelang es tatsächlich, die kleine Welt des dreistelligen Nummernsystems ins große Internetuniversum zu überführen – mit demselben vorsintflutlichen Pixel-design, der vertrauten Systematik. Der Dinosaurier in neuen Kleidern hat Erfolg: Homepage und App werden monatlich zwei Millionen Mal aufgerufen. ie Methodik, Informationen von heute mit den Mitteln von gestern: Sie scheint dem Spott zu trotzen.
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