Ein Lied des Friedens, das um die Welt ging
Am 24. Dezember 1818 wurde das Lied „Stille Nacht“das erste Mal in Oberndorf gesungen.
Hallo, ich bin der Rudi.“Hallo, Rudi. Rudi ist der geborene Fremdenführer. Das Wissen sitzt ihm im Kopf, der Schalk im Nacken. Beides braucht er, denn Rudi ist Fremdenführer in Oberndorf bei Salzburg. Knapp 6000 Menschen leben hier, aber Zigtausende kommen jährlich her, um mit leuchtenden Augen und offenen Geldtaschen auf den Spuren jenes Liedes zu wandeln, das als Synonym für Weihnachten schlechthin steht: „Stille Nacht, heilige Nacht“. Oberndorf ist jener Ort, wo diese Melodie vor 200 Jahren das erste Mal erklang. „Die Vorbereitungen für das Jubiläum im nächsten Jahr laufen auf Hochtouren“, erzählt Rudi. Das 100Jahr-jubiläum fiel ins Jahr 1918. Aber damals, nach Kriegsende, hatte man andere Sorgen. Wo früher die Kirche St. Nikola stand, in der am 24. Dezember 1818 das Lied der Lieder erklang, wurde dann zwischen 1924 und 1936 jene Stille-nacht-kapelle errichtet, in die heute Besucher aus aller Welt pilgern. Die Eröffnung erfolgte 1937 durch den damaligen Bundeskanzler Kurt Schuschnigg. Rudis Schalk beißt zu: „Stellen Sie sich vor, die Einweihung wäre nur ein Jahr später gewesen. Der Herr, der sie dann vorgenommen hätte, wäre heute keine gute Werbung für den Ort.“Sagt’s, lächelt – und führt durch das Stille-nacht-minimundus.
Der Stille-nacht-platz, die das Stillenacht-postamt, Souvenirstände, Punschgeruch – Adventbusiness as usual also. Vor der Kapelle hat eine Gruppe Amerikaner Aufstellung genommen. „Everybody sings ,Silent Night‘ now“, ordnet der Kameramann an. Die Kapelle selbst ist von einem weißen Schneeteppich umrandet. „Den haben wir aus der Flachau holen müssen, für Dreharbeiten mit dem Harald Krassnitzer“, erzählt Rudi. Und führt ins Innere der Kapelle. Mehrsprachige Liedtexte liegen auf, und noch etwas liegt hier, eingemauert: der Schädel von Joseph Mohr. Jenes Priesters also, der den Text zu „Stille Nacht“verfasst hat, die Musik dazu stammt vom Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber.
MAufschrift am Grubermuseum in Arnsdorf ohr und Gruber also. Viele Mythen und Legenden ranken sich um diese beiden Männer und ihr Lied. Fest steht: Im Zuge der Napoleonischen Kriege wurde der Ort zerrissen. Laufen kam zu Bayern, Oberndorf zu Salzburg – und mittendurch floss der Schicksalsfluss, die Salzach. Umweltkatastrophen, Hungersnöte, die Kriegs- In der Stille-nacht-gedächtniskapelle in Oberndorf, die erst 1937 eingeweiht wurde
Es war eine dunkle Zeit, das Jahr 1816 ging als „Jahr ohne Sommer“in die Geschichte ein. Zwei Jahre später trafen Mohr und Gruber in Oberndorf aufeinander. Mohr ein „Springer“, der von Pfarre zu Pfarre gehetzt wurde. Ein offener Geist, der gerne im Wirtshaus saß und sich mit dem gemeinen Volk, in diesem Fall den Schifferleuten, verbündete. Damit eckte er immer wieder bei der Obrigkeit an. Gruber ein leidenschaftlicher Lehrer und begabter Organist. Weil das Lehrergehalt nicht ausreichte, spielte er in Oberndorf die Orgel. 1818 trafen die beiden aufeinander, eine instille-nacht-einkehr,
nige Männerfreundschaft sich.
Rudi führt durch das neu gestaltete Stille-nacht-museum, das abgesehen von einer Stillenacht-karaoke-box wenig verkitscht ist. Die Geschichte dieses Liedes ist nur aus der Geschichte des Entstehungsortes heraus erklärbar. Die Kirche St. Nikola war eine „Schifferkirche“; also ein Ort, an dem die armen Leute ihren Herrgott anbeteten. Mohrs Text war schon 1814 in Form eines Gedichts entstanden. Rudi schmunzelt wieder: „Das war ja nett, aber es hätte ohne Musik dazu niemanden interessiert.“Am 24. Defolgen. entwickelte