Annäherungen an die Weihnacht
Drei literarische Betrachtungen: Wehmut in der Todeszelle, Weihnacht als Auslöser für Heimweh und die Gedanken an heidnische Wurzeln.
Die Emotionalität des heutigen Tages zeigt sich in unzähligen literarischen Dokumenten. Wir haben zu diesem Zweck im Nachlass dreier Lyriker gestöbert. So unterschiedlich die Schicksale dieser Künstler sind, so verschieden ist ihre Betrachtung über die Weihnachtszeit.
(1919–1943) brachte seine Gedanken in der Todeszelle zu Papier. Der Grazer war bereits 1934 im Nazi-widerstand, wurde 1941 verhaftet und verfiel in den Jahren seiner Haft in Graz und Berlin in einen fieberhaften Schaffensdrang. Seine rund 100 Gedichte morste er durch die Wand in die Nebenzelle oder nähte sie in Kleidungsstücke ein. Zach, der am 27. Jänner 1943 hingerichtet wurde, schrieb eines seiner berührendsten Gedichte wenige Wochen vor seinem Tod. Er nannte es: „Weihnacht im Kerker“: Mela Hartwig-spiras (18731967) Schicksal nahm einen anderen Verlauf. Die Wiener Schauspielerin, die 1921 den jüdischen Rechtsanwalt Robert Spira heiratete, zog mit diesem nach Graz und fand eine Identität als Schriftstellerin. Doch das Blatt wendete sich. Die neue Elite in den 30er-jahren bewertete ihre Texte als Resultat „eines von der Psychoanalyse verjauchten Gehirns“. Sie wechselte zur Malerei, galt als eine der frühesten Vertreterinnen abstrakter Kunst in der Steiermark, doch ihr Werk wurde bald als „entartet“deklassiert und sie selbst „Zur Ausmerzung“freigegeben. Sie und ihr Mann flohen nach London, von wo sie erst 1948 zurückkehrten. Doch sie kannten ihre Heimat nicht wieder, „die Abwicklung der Restitution ihrer Häuser in Gösting und auf der Tauplitz hinterließ bittere Spuren“, konstatiert der Grazer Zeithistoriker Gerhard M. Dienes. Hartwig wurde in der Heimat nicht mehr als Künstlerin anerkannt, sie selbst wurde hier nie mehr ganz sesshaft. Wie groß aber die Sehnsucht war, wird in Briefen deutlich, etwa Mela Hartwig-spira, Künstlerin im Exil, die nie mehr richtig zurückkehrte
jenem, den sie 1951 an ihren Freund Felix Braun schrieb, der soeben zurück nach Österreich gekehrt war: „Weihnachten in der Heimat, wie wunderbar das klingt, und während ich an Sie schreibe, erfasst mich zweifaches Heimweh: nach Ihnen, den lieben Freunden, die mir so fehlen, und nach Österreich, das für mich nur noch Traumlandschaft und Traumheimat ist.“
(1923–1970) ist der Dritte im Bunde der hier Genannten. Ihn, der 1952 den Staatspreis für Literatur erhielt und stets gegen den „braunen Sumpf“der Kriegsjahre anschrieb, brachte die Erinnerung an den Heiligen Abend am 25. Dezember 1962 zur Kirchenkritik: „Wir sind gestern mit der Räucherpfanne durch das Haus gegangen“, schrieb er. „Wahrscheinlich gehören alte Zauberformeln dazu. Ich glaube zu spüren, dass man das Heidentum nicht so einfach abtun kann. Wir würden dann aseptisch leben, steril, wie in einer Klinik. Das volle Menschentum muss auch den Aberglauben umfassen.“