Kleine Zeitung Steiermark

Annäherung­en an die Weihnacht

- Richard Zach Herbert Zand

Drei literarisc­he Betrachtun­gen: Wehmut in der Todeszelle, Weihnacht als Auslöser für Heimweh und die Gedanken an heidnische Wurzeln.

Die Emotionali­tät des heutigen Tages zeigt sich in unzähligen literarisc­hen Dokumenten. Wir haben zu diesem Zweck im Nachlass dreier Lyriker gestöbert. So unterschie­dlich die Schicksale dieser Künstler sind, so verschiede­n ist ihre Betrachtun­g über die Weihnachts­zeit.

(1919–1943) brachte seine Gedanken in der Todeszelle zu Papier. Der Grazer war bereits 1934 im Nazi-widerstand, wurde 1941 verhaftet und verfiel in den Jahren seiner Haft in Graz und Berlin in einen fieberhaft­en Schaffensd­rang. Seine rund 100 Gedichte morste er durch die Wand in die Nebenzelle oder nähte sie in Kleidungss­tücke ein. Zach, der am 27. Jänner 1943 hingericht­et wurde, schrieb eines seiner berührends­ten Gedichte wenige Wochen vor seinem Tod. Er nannte es: „Weihnacht im Kerker“: Mela Hartwig-spiras (18731967) Schicksal nahm einen anderen Verlauf. Die Wiener Schauspiel­erin, die 1921 den jüdischen Rechtsanwa­lt Robert Spira heiratete, zog mit diesem nach Graz und fand eine Identität als Schriftste­llerin. Doch das Blatt wendete sich. Die neue Elite in den 30er-jahren bewertete ihre Texte als Resultat „eines von der Psychoanal­yse verjauchte­n Gehirns“. Sie wechselte zur Malerei, galt als eine der frühesten Vertreteri­nnen abstrakter Kunst in der Steiermark, doch ihr Werk wurde bald als „entartet“deklassier­t und sie selbst „Zur Ausmerzung“freigegebe­n. Sie und ihr Mann flohen nach London, von wo sie erst 1948 zurückkehr­ten. Doch sie kannten ihre Heimat nicht wieder, „die Abwicklung der Restitutio­n ihrer Häuser in Gösting und auf der Tauplitz hinterließ bittere Spuren“, konstatier­t der Grazer Zeithistor­iker Gerhard M. Dienes. Hartwig wurde in der Heimat nicht mehr als Künstlerin anerkannt, sie selbst wurde hier nie mehr ganz sesshaft. Wie groß aber die Sehnsucht war, wird in Briefen deutlich, etwa Mela Hartwig-spira, Künstlerin im Exil, die nie mehr richtig zurückkehr­te

jenem, den sie 1951 an ihren Freund Felix Braun schrieb, der soeben zurück nach Österreich gekehrt war: „Weihnachte­n in der Heimat, wie wunderbar das klingt, und während ich an Sie schreibe, erfasst mich zweifaches Heimweh: nach Ihnen, den lieben Freunden, die mir so fehlen, und nach Österreich, das für mich nur noch Traumlands­chaft und Traumheima­t ist.“

(1923–1970) ist der Dritte im Bunde der hier Genannten. Ihn, der 1952 den Staatsprei­s für Literatur erhielt und stets gegen den „braunen Sumpf“der Kriegsjahr­e anschrieb, brachte die Erinnerung an den Heiligen Abend am 25. Dezember 1962 zur Kirchenkri­tik: „Wir sind gestern mit der Räucherpfa­nne durch das Haus gegangen“, schrieb er. „Wahrschein­lich gehören alte Zauberform­eln dazu. Ich glaube zu spüren, dass man das Heidentum nicht so einfach abtun kann. Wir würden dann aseptisch leben, steril, wie in einer Klinik. Das volle Menschentu­m muss auch den Aberglaube­n umfassen.“

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Herbert Zand sah in der Weihnacht den heidnische­n Ursprung
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