„Das Kind – unter den Geschenken ist die Botschaft versteckt“
Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl über das Geheimnis des christlichen Weihnachtsfestes, das noch immer die Herzen der Menschen erheben lässt.
Herr Bischof, heute feiern die Menschen ab Ende November Weihnachten und sind am Heiligen Abend fast schon ermattet. Wie feiern Sie Weihnachten?
WILHELM KRAUTWASCHL: Ich beginne mit dem Schmücken des Christbaumes kurz vor dem 24. Dezember, so wie ich es als Kind in Gleisdorf immer gemacht habe. Weihnachten feiere ich bei der Christmette.
Ist bei Punsch und Shopping noch Platz für die Weihnachtsbotschaft, wird sie noch gehört? Das ist eines der Bilder, für die das Christentum steht. Unter all den Geschenken ist die Botschaft versteckt. Die Botschaft ist das Kind in der Krippe. Gott ist keiner, der sich aufdrängt, das müssen wir als Christen lernen. Aber was dieses Kind verändert, denken Sie an jedes einfache Kind: Das hat noch nichts erreicht, macht Lärm, will essen, gewickelt werden ... – trotzdem haben alle eine Freude. Eine der Botschaften ist: Wo ich liebe, für jemanden da bin, wo ich auf mich selber vergesse, dort ist das Sein. Nicht, wo ich mich in den Mittelpunkt stelle.
Jesus war nicht irgendein Kind, ist als Messias auf die Welt gekommen. Warten wir heute noch auf einen Messias oder haben wir vergessen, dass er auf die Welt gekommen ist?
Wir warten auf die Wiederkunft Christi. Und ich glaube, wir ha- ben in vielen Bereichen die Fragestellung, was macht uns wirklich heil? Auch wenn viele mit dem Wort nichts anfangen können. Wir erleben, dass wir hinten und vorne anstehen, dass uns die Wirklichkeiten der Welt in ihrer Komplexität überfordern. Was gibt uns noch Orientierung? Alles ist gleich wichtig, ist gleich gültig und dann gleich gleichgültig. Da haben wir als Kirche unseren Beitrag zu leisten, vielleicht auf neuen Wegen.
Es gibt das schöne Gedicht „Wo bist du, Jesuskind?“von Jean Anouilh – die Antwort ist: im Herzen der Menschen. Wo findet man das Jesuskind heute noch?
Am 22. Dezember kam die Feuerwehr Labuch und brachte mir das Friedenslicht. Dort, wo Menschen aufeinander zugehen, offen miteinander umgehen, einander zuhören, dort findet man es.
Wenn man den Christen eines ihrer wichtigsten Feste wegnimmt und es als Party- und Shopping-saison missbraucht, kann da ein Bischof auch einmal grantig von der Kanzel predigen? Nein, ich rege mich immer über Pfarrer auf, die gegen jene predigen, die nicht da sind. Das bringt nichts. Früher war alles katholisch und wir haben euch sagen können, wie ihr tun sollt. Wer zugehört hat, hat zugehört. Heute hab ich meine Botschaft, die ich anzubringen habe, quasi werbend, als eine wahnsinnig tolle hineinzutragen in die Gesellschaft. Es wird uns – Gott sei Dank – abverlangt, uns auf die Menschen einlassen zu müssen.
Das heißt, die Kirche muss an ihrem Marketing arbeiten?
Ja, Marketing … Die Frage ist, wie gehe ich um mit dem, was ich habe? Die Fragen, die wir in die Gesellschaft hineinbringen, sind ja berechtigte.
Sie haben keinen Grant, wenn die Massen Weihnachten als großes Kommerzfest feiern? Innerlich bekomme ich einen Grant, aber ich feiere anders, mir wird nichts weggenommen.
Haben die Christen sich Weihnachten abluchsen lassen?
Nein. Wir waren gewohnt, dass wir das Sagen haben. Jetzt, wenn Menschen nicht zu uns kommen, müssen wir dorthin gehen, wo sie sind. In Erfurt, in einer völlig entchristianisierten Welt, lädt der Dom am Heiligen Abend zum Weihnachtslob für Nichtgläubige, das ist eine der mächtigsten Feiern. Auf den Adventmärkten ist ein Stand der Kirche, wo sie ihre Botschaft unter die Leute bringt. So wie Jesus zu den Menschen hingegangen ist. Wir müssen neue Wege gehen. Der katholische Publizist Harry Baloch hat gesagt: Der Papst glaubt an die Missionierung Chinas und wir nicht einmal an die von Kapfenberg. Ja, manchmal glauben wir in der Kirche heute selber nicht mehr an die Kraft der Botschaft. Das Kind in der Krippe ist für den
Weihnachten ist das Versprechen, das zu Ostern mit der Auferstehung eingelöst wird, geht dieser Bogen verloren?
Ja, das neue Leben durch den Tod: Es ist in der Kirchengeschichte so, dass das Holz der Krippe und das Holz des Kreuzes auf derselben Ebene gesehen worden ist. Da ist viel Weisheit drinnen, dass das so vorgezeichnet war. Diese Botschaft, die Machtlosigkeit, Liebe, Vertrauen – die ist schon sehr stark. Das geht nicht verloren, weil wir es ja jedes Jahr feiern, weil wir uns beständig daran erinnern. Gott ist keiner, der schreit und plärrt, das ist einer, der durchs Säuseln kommt, in dem Fall durch ein Kind, das dann außerhalb der Stadt gekreuzigt wird.