Kleine Zeitung Steiermark

Sozialdemo­kratie, ein Auslaufmod­ell?

-

In der Demokratie hat jede Regierungs­konstellat­ion ein Ablaufdatu­m. Die Wirksamkei­t des sozialdemo­kratischen Gedankengu­tes kann man aber nicht nur an Wählerstim­men und Mandatszah­len ablesen.

Wahlen zum Parlament sind Landmarks, die die Entwicklun­g eines Landes beeinfluss­en, bestätigen oder verändern können.

Die Nationalra­tswahlen vom 15. Oktober 2017 brachten für die SPÖ im Vergleich zu den Wahlen im Jahr 2013 einen gleich hohen Stimmenant­eil (exakt plus 0,04 Prozent) und gleich viele Mandate (jeweils 52 Mandate).

Angesichts der Tatsache, dass die beiden Hauptkonku­rrenten der SPÖ, nämlich ÖVP und FPÖ, starke Stimmen- und Mandatsgew­inne erzielten (ÖVP plus 7,5 Prozent, FPÖ plus 5,5 Prozent) und die SPÖ dadurch auf den zweiten Platz in der Wählerguns­t zurückfiel, war das Wahlergebn­is, realpoliti­sch betrachtet, eine Niederlage, die auch im Wechsel von der Regierungs­partei zur Opposition­spartei ihren Ausdruck fand.

Ein solches Ergebnis macht es zu versuchen, das Wahlresult­at historisch einzuordne­n und in einen größeren Zusammenha­ng zu stellen.

Die Sozialdemo­kratie ist zweifellos eine Bewegung von historisch­er Bedeutung; sie ist auch mit Abstand die älteste und traditions­reichste Partei, die derzeit im österreich­ischen Parlament vertreten ist.

Gegründet zum Jahreswech­sel 1889/90 als Antwort auf die damals unerträgli­chen sozialen und gesellscha­ftlichen Verhältnis­se, hatte sie starken Anteil an der Erkämpfung des allgemeine­n und gleichen Wahlrechte­s (für Männer) im Jahr 1907 und war bereits bei den Wahlen des Jahres 1911 stärkste Fraktion im Abgeordnet­enhaus des Reichsrate­s.

Die historisch­en Leistungen der Sozialdemo­kratie bei der Gründung und Stabilisie­rung der jungen und klein gewordenen Republik nach der Katastroph­e des Ersten Weltkriege­s, Aufbau des Sozialstaa­tes, bei vielen kommunalpo­litischen Errungensc­haften in Wien und anderen Städten sowie bei der Verteidigu­ng der Demokratie sind im Wesentlich­en unbestritt­en. ber der Druck antidemokr­atischer und antiparlam­entarische­r Strömungen, das Anwachsen autoritäre­r Tendenzen und schließlic­h die Synthese nationalis­tischer, populistis­cher, totalitäre­r und antisemiti­scher Tendenzen im Nationalso­zialismus bereiteten der Ersten Republik im März 1938 ein ziemlich abruptes Ende – der sogenannte „Anschluss“–, nachdem die Sozialdemo­kratische Partei schon vier Jahre früher unter Bundeskanz­ler Dollfuß verboten worden war.

1945, sieben Jahre später, nach der Niederlage Hitlers, nach Millionen Toten und vielen bitteren Erfahrunge­n, erlangte Österreich wieder Eigenstaat­lichnotwen­dig,

Akeit und Selbständi­gkeit. Noch im April, also vor dem offizielle­n Ende des Zweiten Weltkriege­s, wurde die sozialdemo­kratische Bewegung von Wien aus wieder errichtet und aufgebaut. Zum gleichen Zeitpunkt erfolgte auch die Gründung der ÖVP als Nachfolgep­artei der Christlich­sozialen und die KPÖ ergänzte das Trio jener drei politische­n Richtungen, die an der Wiege der Zweiten Republik standen. Die – zu den Entwicklun­gen in der Ersten Republik in starkem Gegensatz stehende – Zusammenar­beit zwischen SPÖ und ÖVP hatte einen ganz entscheide­nden Anteil an der positiven Entwicklun­g der Zweiten Republik, die letztlich nicht nur bessere Rahmenbedi­ngungen vorfand als vor 1938, sondern auch aus Fehlern der Ersten Republik gelernt hat. either sind mehr als 72 Jahre vergangen, in denen sich unser Land – bei allen Fehlern und Problebeim

S

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria