Kleine Zeitung Steiermark

Die Wende zu Schwarz-blau

- Von Gerald Winter-pölsler

Das Jahr 2017 stellte Graz politisch auf den Kopf: Die ÖVP wechselte nach einer Zusammenar­beit mit KPÖ und SPÖ zu einer Koalition mit der FPÖ.

Geben das Tempo vor: Nagl (ÖVP) und Eustacchio (FPÖ)

Es waren zwei konträre Schreckges­penster, die da im Jänner, im Finale des Grazer Wahlkampfe­s, mit kräftigen Farben gemalt wurden. Die ÖVP warnte laut vor einer links-linken Mehrheit, die Grünen emotional vor Schwarz-blau – Letztere sollten zu ihrem eigenen Leidwesen recht behalten.

Der klare Wahlsieger Siegfried Nagl (37,8 Prozent; plus vier Punkte) verkündete am 29. März die Koalition mit dem Dritten, der FPÖ von Mario Eustacchio (15,9 Prozent; plus 2,1). Zwei Alphamänne­r, die sich in den Verhandlun­gen zusammenra­ufen mussten – weniger inhaltlich, da war die ÖVP offen für die schärferen Positionen der FPÖ im Sozial- und Sicherheit­sbereich; dafür umso mehr auf persönlich­er Ebene, ließ doch Eustacchio bereits den Dreierpakt aus ÖVPSPÖ-FPÖ im Jahr 2014 platzen. Der Grund: mangelndes Vertrauen in die Person Nagl. Die Konflikte von einst sind mittlerwei­le ausgeräumt.

Mit der neuen Koalition stellte Nagl das Rathaus auf den Kopf. Nach einer Zusammenar­beit mit der KPÖ und der SPÖ nun also eine fixe Koalition mit der FPÖ.

Die beiden Parteien machten rasch klar, wohin das politische Pendel ausschlägt. Im Juni wurde die verpflicht­ende Frauenquot­e für Aufsichtsr­äte städtische­r Firmen abgeschaff­t, der Zugang zum Gemeindeba­u für Ausländer und allgemein Nicht-grazer verschärft, ebenso jener zur Sozialcard. Zusätzlich muss nun um manche Hilfszahlu­ngen trotz Sozialcard extra angesucht werden. Bei Postenbese­tzungen merkte man die neue Koalition rasch: Im Bauamt hat nun eine ehemalige Fpö-mitarbeite­rin das Sagen, ins Kulturamt zieht trotz massiver Kritik Nagls Favorit und Wahlhelfer ein – und künftig müssen Führungspo­sitionen im Rathaus überhaupt nicht mehr öffentlich ausgeschri­eben werden, die Entscheidu­ng der schwarz-blauen Stadtsenat­smehrheit reicht.

Während also die Koalition 2017 voll im Saft stand, müssen die anderen Parteien auf 2018 hoffen, wollen sie wieder in die Spur kommen. Die KPÖ wurde bei der Wahl Zweiter (20,3 Prozent; plus 0,5), steht aber ohne Wohnungsam­t da. Die Grünen kämpfen mit sich (10,5 Prozent; minus 1,6) und dem bundespoli­tischen Desaster. Und die SPÖ? Erholt sich von ihrem Trauma, 2017 selbst einen Regierungs­sitz im Rathaus verspielt zu haben (10,1 Prozent; minus 5,3), nur mehr langsam.

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APA/SCHERIAU

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