Walzer auf historischem Tanzboden
Für die einen ist er eine unverzichtbare Augenweide zu Jahresbeginn, für die anderen ein willkommener Anlass, noch einmal bei der Kaffeemaschine vorbeizuschauen: der Pausenfilm des Neujahrskonzerts, obligater Schaukasten eines fleckenlosen Hochglanzösterreich. Diesmal sind die zahlreichen Jahrestage anno 2018 die thematische Klammer des Streifens, dem Regisseur Georg Riha den Titel „Wiener Moderne 1918–2018“gab. „Wir wollten zum 100. Todestag die Größen der Wiener Moderne – Otto Wagner, Egon Schiele, Gustav Klimt und Koloman Moser – würdig vor den Vorhang holen sowie Wien in seiner Pracht und großartigen Lebensqualität präsentieren“, sagt Riha. So spielt das Gedenk-thema auch bei den Balletteinlagen der Orf-übertragung eine Rolle: Der Hietzinger Hofpavillon als Schauplatz soll an seinen Erbauer Otto Wagner erinnern. Unter der Regie von Henning Kasten und in der Choreografie Davide Bombanas tanzen Rebecca Horner und Roman Lazik in der berühmten Stadtbahnstation für Kaiser Franz Joseph und seine Schönbrunner Entourage einen Pas de deux zur „Stephanie-gavotte“von Alfons Czibulka.
Der Ort, an dem auf diesem Bild Ioanna Avraam und Mihail Sosnovschi beim Walzer „Rosen aus dem Süden“von Johann Strauss Sohn zu sehen sind, ist weit weniger bekannt als Wagners Pavillon. Dabei spielte das Schloss Eckartsau in der Historie Österreichs eine bedeutende Rolle: Die Habsburger-monarchie ging hier zu Ende. Kaiser Karl I. unterschrieb im Marchfelder Schloss anno 1918 die Verzichtserklärung über die ungarischen Regierungsgeschäfte. Österreich-ungarn war damit Geschichte. Man könnte also sagen, die österreichische Republik hat in Eckartsau ihren Anfang genommen. So gesehen: Wo sonst sollte man das neue Jahr mit einem Tänzchen beginnen als an diesem Ort des Aufbruchs? Lesen Sie dazu auch die Seiten 46/47