Die sanfte Scheidung nach der Revolution
Eine Staatstrennung, die bis heute als Vorbild gilt: Heute vor 25 Jahren wurde die Tschechoslowakei in die Slowakische und die Tschechische Republik geteilt. Vereinbart wurde alles in Vier-augen-gesprächen in einem Garten in Brünn zwischen Václav Klaus und Vladimir Meˇciar.
Zwei Männer um die fünfzig sitzen sich im Garten der Villa Tugendhat in Brünn gegenüber, die Sakkos sind abgelegt, die Atmosphäre wirkt geradezu entspannt. Dieses Foto vom Sommer 1992 ging um die Welt und gehört zu den bekanntesten Symbolbildern für die Teilung der Tschechoslowakei, die mit 1. Jänner 1993 in Kraft trat. Zur gleichen Zeit, als Jugoslawien in jahrelangen blutigen Kriegen zerfiel, führten der Tscheche Václav Klaus und der Slowake Vladimir Mecˇiar das Gegenbeispiel vor, wie ein Staat friedlich statt gewaltsam geteilt werden konnte.
25 Jahre nach ihren Gesprächen kosteten beide ihre Vorbildwirkung bei einem Gedenktreffen im Dezember 2017 in Prag nochmals genussvoll aus: Nicht nur im Vergleich zum blutigen Zerfall Jugoslawiens, sondern auch zu den heutigen Streitigkeiten um Brexit oder Katalonien sei die Scheidung „vorbildhaft“und „sanft“verlaufen, betonte Klaus. Und Mecˇiar fügte hinzu: „Es gibt heute in Europa keine anderen Staaten, die sich so nahestehen wie Tschechien und die Slowakei.“Die Teilung sei „eine Erfolgsgeschichte“, unterstreicht Mecˇiar auch im Gespräch mit der Kleinen Zeitung und fügt hinzu: „Unsere Erfahrungen wird Europa noch sehr brauchen. Nicht nur als Vorbild für den Brexit.“
Dabei war es für die meisten Tschechen und Slowaken noch ein Schock gewesen, was die beiden Politiker nach ihrem idyllisch scheinenden Gespräch den wartenden Journalisten erklärten: Die mit nur einer gewaltsamen Unterbre- in der Ns-zeit seit 1918 bestehende Tschechoslowakei lasse sich nicht mehr aufrechterhalten. „Und so gehen wir davon aus, dass zum 1. Jänner 1993 die Tschechische Republik und die Slowakische Republik als zwei Staaten entstehen werden“, verkündete Mecˇiar als Regierungschef der slowakischen Teilrepublik. Sein neben ihm stehender Amtskollege Klaus fügte hinzu: „Aus tschechischer Sicht bin ich überzeugt, dass wir dadurch bessere und dauerhaftere Beziehungen haben werden als bisher.“Mit dieser optimistischen Prophezeiung sollte Klaus Recht behalten: Umfragen bestätigen seither immer wieder, dass sich Tschechen und Slowaken gegenseitig als die nächsten und sympathischsten Nationen betrachten. Gemeinsame Tv-shows sind beliebt, tschechische und slowakische Musiker begeistern das Konzertpublikum im jeweils anderen Land. Tschechische Filme gehören zum slowakischen Fernsehprogramm ebenso selbstverständlich wie slowakische Studenten zu tschechischen Universitäten. Nur für Kinder ist es immer weniger selbstverständlich, die Sprache der anderen zu verstehen. So dominiert inzwischen in Umfragen in der Slowakei die Antwort: „Ich war damals gegen die Trennung, halte sie aber im Nachhinein für richtig.“
Vergessen scheinen auch die einstigen Vorwürfe: Während sich Slowaken im gemeinsamen Staat über tschechische Dominanz und Oberlehrerhaftigkeit beklagten, meinten viele Tschechen, sie könnten wirtschaftlich erfolgreicher sein, wenn sie nicht für die rückständigen Slochung