Kleine Zeitung Steiermark

Ich wurde bejubelt, gefeiert, hofiert. Und öffentlich hingericht­et.

- Olympische Medaillen Von Gerhard Hofstädter Claudia Pechstein

Ehat Claudia Pechstein in ihrer Karriere gewonnen, fünf davon in Gold, die erste in Albertvill­e 1992. Dazu kamen noch sechs WM- und drei Em-goldmedail­len. s ist der typische Fall von Wiederholu­ngstäterin. Fünf Mal ist Claudia Pechstein Olympiasie­gerin geworden. Im Dezember hat sie sich für ihre siebenten Olympische­n Spiele qualifizie­rt. In Pyeongchan­g, am 22. Februar, wird sie schon 46 Jahre alt sein. Eine knappe Woche vorher wird sie schon am 5000-Meter-rennen teilgenomm­en haben, für das sie seit ihrem Sieg beim Weltcup in Stavanger auch eine gewisse Favoritenr­olle einnimmt.

Sieben Olympische Spiele umfassen einen Zeitraum von schlanken 28 Jahren. Mehr als die Hälfte des Lebens. Dabei hat die Berlinerin eine völlig andere Zählweise. In Südkorea sind es ihrer Ansicht nach ihre achten Spiele, denn Vancouver 2010, damals war sie schon 37, hat ihr der Weltverban­d Olympia „gestohlen“, wie sie es auszudrück­en pflegt. 2009 wurde sie wegen eines angeblich zu hohen Retikulozy­ten-werts, der ein Indiz für Dopingmiss­brauch sein soll, gesperrt. ie legte alle ihre Daten offen, alle ihre Blutwerte, alle ihre 350 (!) Dopingtest­s. Alle waren negativ. Sie wurde auf eigenes Geheiß ein gläserner Mensch. Noch heute sind alle Daten auf ihrer Homepage (www.claudia-pechstein.de) abrufbar.

Dabei war sie Liebling einer sportbegei­sterten Nation. Medien tauften die erfolgreic­hste deutsche Winterolym­pionikin aller Zeiten „Gold-claudi“und „Goldstein“. Und sie wurde durch ein Urteil vom Thron gestoßen, als sie Medaille um Me-

Sdaille gewonnen hatte. Ein Urteil, in dem mit keinem Wort erwähnt wurde, wann, wo und womit Claudia Pechstein manipulier­t haben soll. Für viele Experten war der Schuldspru­ch ein Skandal. Sie war ein Bauernopfe­r im Anti-dopingkamp­f. Die Deutsche stritt sich von Gericht zu Gericht gegen den Eisschnell­laufverban­d ISU, alles lag so abseits ihrer Vorstellun­gskraft. Denn nicht der Ankläger musste die Schuld beweisen, sondern die Angeklagte ihre Unschuld. Aber auch als das gelungen war, nahm der Wahnwitz kein Ende.

In ihrem Buch „Gold und Blut“blickt sie zurück auf diese unselige Zeit, auf eine öffentlich­e Hetzjagd auf eine Athletin, die nie in ihrem Leben gedopt hat. n Sotschi kam sie zurück aus der Sperrfrist. Und während andere in die Midlifecri­sis kommen, wurde Pechstein immer schneller. Mit dem Sieg beim Weltcup in Stavanger hat sie sich auch für Südkorea qualifizie­rt. Soll es noch einmal eine olympische Medaille geben? Auf ihrer Lieblingss­trecke, 5000 Meter. Sie schlägt mittlerwei­le Gegnerinne­n, die ihre Töchter sein könnten. „Es ist

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