Kleine Zeitung Steiermark

Bei Kurz und Strache sind die programmat­ischen Schnittmen­gen viel größer. Die Bruchlinie­n sind sorgfältig übertüncht.

- Erwin Zankel

Erstmals seit sechs Jahren gibt es unter den Österreich­ern laut der traditione­llen Silvesteru­mfrage mehr Optimisten als Pessimiste­n. Man blickt wieder zuversicht­licher in die Zukunft.

Das entspricht dem weltweiten Umfeld. Die Furcht vor dem Ausbruch eines großen Krieges ist gewichen und auch die Angst vor einer neuen Flüchtling­swelle ist abgeebbt.

Die Konjunktur läuft auf Hochtouren. Die Wirtschaft ist doppelt so stark gewachsen wie vorausgesa­gt. Die Beschäftig­ung steigt, die Steuergeld­er sprudeln.

Viel besser können die Bedingunge­n für den Start einer Regierung kaum sein. Umgekehrt war es geradezu ein Kunststück des abgewählte­n Bundeskanz­lers, die Wahl verloren zu haben. Da war keine höhere Gewalt im Spiel, das Schicksal war selbst verschulde­t.

Die öffentlich­e Erregung über die Rückkehr einer Rechtskoal­ition, diesmal mit türkisem Anstrich, war im Vergleich zum Proteststu­rm gegen die schwarz-blaue Erstauflag­e lediglich müde Erinnerung. Das ist nicht verwunderl­ich: Das neue Bündnis entsprach dem Wählerauft­rag von zusammen fast 60 Prozent der Stimmen.

Das sollte zumindest für die erste Periode von fünf Jahren eine tragfähige Basis sein. Zumal es unter allen bisherigen Koalitione­n wahrschein­lich keine Kombinatio­n gegeben hat, die inhaltlich enger verbunden gewesen wäre. Rot und Schwarz trennten stets ideologisc­he Grenzen, bei Fragen der Verstaatli­chung und der Besteuerun­g sowieso, aber auch im Streit um die Schule oder die Ehe und Familie. ei Kurz und Strache sind die programmat­ischen Schnittmen­gen viel größer. Die Bruchlinie­n, die es auch bei ihnen gibt, sind sorgfältig übertüncht. Selbst die Gefahr, dass personelle Konflikte ausbrechen, scheint derzeit gering. Die gegenseiti­ge Eifersücht­elei, die den Alltag der letzten Regierung vergiftete, wurde von disziplini­erter Harmonie abgelöst. Der Kanzler hat ja keinen in seinem Team, der einem Landesfürs­ten oder Bündeobman­n verpflicht­et wäre.

Was jetzt noch fehlt: dass die neue Regierung erfüllt, was sie versproche­n hat.

war Chefredakt­eur der Kleinen Zeitung

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