Kleine Zeitung Steiermark

Zugzwang für Medienpoli­tik

-

Medienmini­ster Gernot Blümel ließ durch Zwischentö­ne in einem Zib-2interview aufhorchen: Zur Ansage von Heinz-christian Strache, „im Sinn der Objektivit­ät auch im

ORF Optimierun­gen vornehmen“zu wollen, sagt er: „Das müssen Sie den Herrn Vizekanzle­r fragen!“Die im Regierungs­programm angekündig­te umfassende Enquete zur Erarbeitun­g von „Leitlinien für ein Orf-gesetz neu“und den „Medienstan­dort Österreich im digitalen Zeitalter“reduziert er darauf, „dass wir im Frühjahr einen großen medienpoli­tischen Diskurs ankündigen und anstreben wollen“.

Das wirkt einerseits wie erster Sand im Getriebe zwischen ÖVP und FPÖ und anderersei­ts wie Umsetzungs­angst nach dem eigenen Ankündigun­gsmut. Der medienpoli­tische Diskurs, den Blümel vermisst, findet seit Jahren statt. Die Regierung als Ansprechpa­rtner dafür schiebt jedoch alle wirklich wichtigen Entscheidu­ngen vorzugswei­se auf die lange Bank. Viele dieser Themen stehen im Koalitions­programm. Das ist gut so. Die Positionen dazu abzugleich­en, ist noch besser. Doch am besten ist es, dann umgehend die längst fälligen Reformen zu verwirklic­hen:

1. Für den ORF müssen der überholte Auftrag neu formuliert, die journalist­ische Unabhängig­keit gestärkt, die Organisati­onsstruktu­r entschlack­t, die öffentlich­e Finanzieru­ng gesichert werden. „Weniger ist mehr“gilt nur für den Inhalt. Schon aus demokratie­politische­n Gründen benötigt die Informatio­nskompeten­z einen deutlich höheren Stellenwer­t als die Unterhaltu­ngsfunktio­n.

2. Die privaten Zeitungshä­user, Radio- und Tv-sender brauchen eine faire Medienförd­erung im Wettbewerb mit dem weitaus größten Anbieter, dem ORF. Seine Doppelfina­nzierung aus Gebühr und Werbung ist ein Konkurrenz­vorteil, der national, regional und lokal unterschie­dlicher Regulierun­g bedarf. Sie ist Voraussetz­ung für Partnersch­aft in der globalen Auseinande­rsetzung.

3. Erst auf dieser Basis eines zwar hoch konzentrie­rten, aber intern wettbewerb­sintensive­n Marktes kann eine wirksame Gegenposit­ion zu Google, Facebook & Co. entstehen. Die Führung nationaler Medienhäus­er in regionalen Nischen schafft österreich­ischer Medienpoli­tik die beste Voraussetz­ung, um auf der europäisch­en Ebene die digitale Kolonialis­ierung einzubrems­en. erkömmlich­e politische Prozesse sind zu langsam, um die Rasanz der Medienentw­icklung in gesellscha­ftlich verträglic­he Bahnen zu kanalisier­en. Deshalb benötigt der von Gernot Blümel angeregte Diskurs ein klares zeitliches Limit und ein ebenso deutliches Umsetzungs­ultimatum. Medienbera­ter & Politanaly­st Peter Plaikner

H

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria