Putins Jahr der Unwägbarkeiten
Der Kremlchef stellt sich siegessicher zur Wahl. Unsicherer wird für ihn das zweite Halbjahr.
Russland, wirtschaftlich und gesellschaftlich schon seit Jahren in die „Stagnation“der späten Sowjetunion zurückgefallen, beginnt das neue Jahr wenig dynamisch. Bei den Wahlen im März will sich Wladimir Putin als Präsident bestätigen lassen, der Kreml plant vorher einen eher harmonischen Wahlkampf.
Dann folgt die Fußball-wm im Juni, bis dahin werden Negativschlagzeilen möglichst vermieden. Auch während der Spiele dürften Organisatoren und Sicherheitskräfte mit gro- ßem Aufwand alle Skandale, etwa durch prügelnde russische Ultras, unmöglich machen. Danach kehrt der Kreml zum Alltagsgeschäft zurück.
Schlimmstenfalls mag vorher angestaute Animosität in so unberechenbarer Aggressivität ausarten wie bei Russlands bewaffneten Aktionen gegen die Ukraine nach den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014.
Innenpolitisch herrscht schon lange die Tendenz, den Druck auf politische Oppositionelle und soziale Abweichler zu erhöhen, das gefährdet die Stabilität des Putin’schen Nachtwächterstaates nicht.
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Außenpolitisch könnte die Konfrontation mit der benachbarten Ukraine und dem Westen im Allgemeinen neue Krisen hervorrufen. Der Kleinkrieg im Donbass, die Krimfrage und die neue russischamerikanische Antipathie sind im Clinch erstarrt, Entspannung ist kaum absehbar. Dazu kommt das wieder erwachte Bedürfnis des Kremls, mithilfe von Militäraktionen wie in Syrien Supermachtstellung geltend zu machen. Russlands Zukunft ist somit wieder eine Unwägbarkeit.
Stefan Scholl, Moskau