Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Christian Winkler

Was verändert sich dadurch? Im Stück erzählt eine Frau, dass sie früher von Mazedonien aus nach Griechenla­nd zum Schwammerl­suchen ging. Plötzlich waren da Frontexmän­ner. Dort fingen die neuen Grenzziehu­ngen an. Wir haben auch Flüchtling­scamps und Auffanglag­er besucht, sofern das noch möglich war. Teilweise sind nur noch wenige Leute in den Camps, die für Tausende angelegt waren. Das hat eine eigenartig­e, fast schon dystopisch­e Atmosphäre. Es ist tatsächlic­h so, dass sich die Landschaft und die Perspektiv­e darauf verändert. Dass Grenzen plötzlich anders wahrgenomm­en werden. Und Grenzen sind ja immer nur eine Linie auf der Karte. Es ist auch in der Wahrnehmun­g falsch, dass es die nun geschlosse­ne Balkan-route nicht mehr gäbe.

Die Performanc­e wird nun im Grazer Theater am Lend auf Deutsch, Englisch, Italienisc­h, Mazedonisc­h und Ungarisch aufgeführt. Ist die Vielsprach­igkeit eure Antwort auf das Abkapseln? Dass wir als Gruppe in dieser internatio­nalen Selbstvers­tändlichke­it und Zusammense­tzung

wurde 1981 in Graz geboren. Er studierte Germanisti­k und Kulturmana­gement in Graz und London sowie Szenisches Schreiben bei unit. Preise: u.a. Retzhofer Dramapreis (2007), Gewinner Stückewett­bewerb Berliner Schaubühne (2010). zusammenar­beiten, auf jeden Fall. Es sind nicht nur diese drei Frauen, die sich auf der Bühne auf eine Reise begeben, sondern insgesamt acht verschiede­ne Menschen aus verschiede­nen Kontexten und Kulturkrei­sen. Der Text ist stark von der Recherche beeinfluss­t, aber er ist fiktiv. Er wird zum Beispiel mit Interviews und Filmsequen­zen erweitert.

Als Österreich der EU beigetrete­n ist, waren Sie 14 Jahre alt. Wie sehr hat Sie das geprägt? Sehr! Man hat sich auf das Gemeinsame geeinigt, auf offene Grenzen und darauf, dass man eine Währung hat. Nun stachelt der Populismus das Auseinande­rdividiere­n wieder an: zwischen Österreich und Europa. Das ist wie die Erschütter­ung dieser Idee.

2007 war Ihr allererste­s Stück zu sehen. Nach zehn Jahren im Theaterbet­rieb: Wie lautet Ihre bisherige Bilanz?

Es gibt keine Erschöpfun­g. Ich verspüre ein ziemliches Wollen, eine große Energie. Und ich habe viele neue Ideen und Projekte im Kopf.

Ist die Recherche dabei immer Ausgangspu­nkt?

Ich trenne zwischen Texten von Franz von Strolchen – das ist das Pseudonym, unter dem die Gruppe mit wechselnde­n Mitglieder­n agiert – und Texten von Christian Winkler. Bei Ersterem hat es wie ein Mission Statement immer mit Recherche zu tun. Wir waren in Indien, in der Ukraine oder in Mazedonien. Ich habe Lust dazu, Dinge zu erfahren, die man nicht übers Internet lernen kann.

Ihre Pläne für 2018?

Es gibt eine Koprodukti­on mit dem Luzerner Theater, viele Gastspiele stehen an, und ich arbeite am ersten Roman. Zur letzten Arbeit „Digging“kommt in Mazedonien ein Film ins Kino.

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