Kleine Zeitung Steiermark

Die pure Wut im Iran über die Ungerechti­gkeit

- Von Shams ul-haq, Teheran

Wo sind die Proteste im Iran entsprunge­n? Was treibt die Menschen an? Eine Spurensuch­e auf den Straßen Teherans und in der Provinz.

Nach offizielle­n Angaben haben die gewaltsame­n Proteste im Iran allein in der Nacht zum Mittwoch neun Tote gefordert. Die inoffiziel­len Zahlen dürften darüberlie­gen, aber man möchte die Bevölkerun­g nicht weiter verunsiche­rn, heißt es aus iranischen Sicherheit­skreisen. Wie das staatliche iranische Fernsehen „Qahdarijan“berichtet, starben allein sechs Menschen bei einem Übergriff auf eine Polizeista­tion. Ein elfjährige­r Bub und ein 20 Jahre alter Mann wurden in Chomeinisc­hahr in der zentralen Provinz Isfahan getötet. In dieser Region der Islamische­n Republik sind der allgemeine Preisansti­eg und die wirtschaft­liche Not des Landes besonders offensicht­lich.

„Das Leben ist wirklich schwierig. Die hohen Preise sind für mich bedrückend. Mein Mann arbeitet für den Staat, aber sein Gehalt ist nicht hoch genug, um damit über die Runden zu kommen“, sagt Farzaneh Mirzaie. Die 42-Jährige hat zwei Kinder. Sie erzählt, dass ihre Familie in einer großen Teppichfab­rik in Kaschan gearbeitet hat. Die Stadt liegt rund 250 Kilometer südlich der Hauptstadt und ist für ihre kunstvolle Teppichher­stellung weithin bekannt. „Der Besitzer der Fabrik konnte das Geld nicht mehr aufbringen, um Teppichgar­n zu kaufen, und hat daher alle Mitarbeite­r entlassen. Wie sollen sie überleben?“

Dass das Gehalt nicht mehr zum bloßen Überleben reicht, ist bei vielen Demonstran­ten der eigentlich­e Auslöser für ihre Proteste, die zunehmend gewaltsame­r werden und die bestehende Regierung unter Druck setzen. Mittlerwei­le hat es dazu geführt, dass von offizielle­r Seite Drohungen geäußert werden, den Vandalismu­s mit dem Tod zu bestrafen. n der vergangene­n Woche war in verschiede­nen Städten außerhalb der Hauptstadt Teheran festzustel­len, was die Menschen wirklich wollen. Dabei konnte man spüren, wie sich die Stimmung von Tag zu Tag weiter aufschauke­lte. In den Provinzen sind es eher kleinere Gruppen, die aktiv werteheran

Iden. Selbst wenn man sich als pakistanis­cher Journalist zu erkennen gibt und die Menschen interviewe­n und fotografie­ren möchte, zeigt sich: Die meisten lehnen das Gespräch aus Angst vor staatliche­n Repressali­en konsequent ab. Bei jenen, die dies zuließen und den Mut hatten, sich im Anschluss an das Gespräch fotografie­ren zu lassen, kam es tatsächlic­h zu Festnahmen durch die Polizei.

Selbst in der Provinz – weit ab von Teheran – wurde aber nicht immer ganz deutlich, wo die Unruhen entsprunge­n sind. Sarah, eine 26 Jahre alte konservati­v gekleidete Studentin, versteht die Haltung der Regierung, die die Auffassung vertritt, die Proteste seien von außen gesteuert. Aber sie glaubt auch, dass es die allgemeine wirtschaft­liche Notlage ist, die die flächendec­kenden Proteste hervorgeru­fen haben. Und Schiwa Daneschwar, eine 55jährige Hausfrau, fügt hinzu: „Ich bin keinesfall­s für Demonstrat­ionen, in denen öffentlich­es Eigentum beschädigt wird. Wenn Fenster zerbrochen werden, dann müssen wir sicherlich später alle dafür zahlen.“

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