„Bin eine Freundin der Prostituierten“
Grazerin soll der chinesischen Schleppermafia angehören. Oder sie ist nur Dolmetscherin.
Als „juristischen Beifang“sieht der Verteidiger seine Mandantin (39), eine Österreicherin chinesischer Herkunft, die sich gestern am Landesgericht Graz wegen Menschenhandels verantworten musste. Aufmerksam wurde die Justiz auf sie, als die Wiener Staatsanwaltschaft gegen die chinesische Schleppermafia ermittelte, die Chinesinnen nach Österreich brachte und zur Prostitution zwang. Die Angeklagte stand mit vielen der Prostituierten in Kontakt.
Vom Vorwurf des internationalen Prostitutionshandels blieb nach monatelangen Ermittlungen und 1500 Seiten Überwachungsprotokollen der weniger schwerwiegende Vorwurf des Menschenhandels gegen die Grazerin übrig. Aus der Sicht der Staatsanwaltschaft hat die Angeklagte, eine Dolmet- scherin, Prostituierte an Laufhäuser vermittelt, damit sie ausgebeutet werden können.
Sie selbst sieht sich als gute „Freundin“der Mädchen. Sie seien, weil sie kein Wort Deutsch sprachen, „völlig hilflos“gewesen. Der Wirt eines Chinarestaurants habe ihren Namen weitergegeben. „Wie in einem Schneeballsystem“hätten sich immer mehr Chinesinnen an sie gewandt, insgesamt dürfte sie 120 „betreut“haben. Sie übersetzte und rief in ihrem Auftrag Laufhäuser an, um zu fragen, „ob Zimmer frei sind“. Die Mädchen wurden von China nach Österreich geschleppt und an Laufhäuser vermittelt
Für die These der Staatsanwaltschaft, dass sie Teil des Zwangssystems war, spricht, dass kleinere Teile der Protokolle diesen Schluss zumindest zulassen. In ihrem Haus wurde auch Bargeld gefunden. „Ein Onkel hat mir 60.000 Euro geschenkt.“Außerdem die Pässe von zwei Prostituierten. Aber: „Sie haben mich gebeten, sie aufzubewahren.“– „Und das diente nicht dazu, die Frauen abhängig zu machen?“, fragt Richter Andreas Lenz. – „Nein, natürlich hätten sie die Pässe jederzeit zurückhaben können.“ Rund 500 Euro pro Monat habe sie mit Übersetzungen für die Mädchen zusätzlich verdient.
Eine der Prostituierten bestätigt diese Version schon fast auffällig vollständig. „Weil ich nicht Deutsch konnte, habe ich sie angerufen, wenn ich Hilfe brauchte.“Rund 7000 Euro habe es gekostet, sich nach Österreich schleppen zu lassen, verrät sie nach mühseliger Befragung. 3500 habe sie in China angezahlt, den Rest in Österreich abgearbeitet. Die Hälfte des ersten Monatseinkommens habe sie in Graz zusätzlich an einen Schlepper gezahlt. Trotzdem blieben ihr nach Abzug der Miete im Laufhaus circa 2000 Euro monatlich. Merkmal des Menschenhandels ist die Ausbeutung: „Nein“, sagt die Zeugin, nachdem sie ihre Freundin kennengelernt habe, sei es ihr besser gegangen als vorher. Einige Zeuginnen werden noch gebraucht. Es wird vertagt.