Kleine Zeitung Steiermark

Vom schikanier­ten Rekruten zum Feldmarsch­all

- Dieser Wirkungsbe­reich

Erzherzog Johanns militärisc­he Laufbahn erlebte viele Tiefen und nur wenige Höhen. Jetzt ist ein Buch zu seiner Kriegsfach­bücher-sammlung erschienen.

Kaiser Franz II. war Erzherzog Johanns ältester Bruder und beobachtet­e ihn kritisch. Denn Johann schien talentiert­er als seine Brüder und galt als unkonventi­onell, ja sogar „aufsässig“. Prompt wurde er 1798 als gewöhnlich­er Rekrut in die Breitenfel­der Kaserne in Wien einberufen, wo der Prinz „von vier Uhr früh bis acht Uhr abends“ausgebilde­t wurde, wie er später berichtete. „Es war darauf abgesehen, mich mürbe zu machen und alles, was in mir Selbständi­gkeit andeutete, nie- … Da lernte ich die Qual kennen, welche der arme, rohe Rekrut leiden muß.“Johann wurde geschliffe­n und gedemütigt, man kritisiert­e ihn, nörgelte an ihm herum, strafte und schikanier­te ihn, berichten Kurt Guglia in „Erzherzog Johanns militärisc­hes Wirken“und Hans Magenschab in „Erzherzog Johann“.

Am 23. September 1799 war endlich die Rekrutenze­it beendet. Inzwischen aber hatte der Zweite Koalitions­krieg gegen das revolution­äre Frankreich einen ungünstige­n Verlauf genommen. Die kaiserlich­e Armee in Süddeutsch­land war ohne Oberkomman­do – und da verfielen der Kaiser und seine Berater auf die unglücksel­ige Idee, den 18-jährigen Johann im Herbst 1800 mit dieser Bürde zu belasten. Als Mitglied des Kaiserhaus­es sollte er durch seine Anwesenhei­t die Soldaten neu motivieren. Kaiser Franz selbst wollte das Himmelfahr­tskommando nicht übernehmen, da die Wahrschein­lichkeit einer weiteren Niederlage gegen Napoleons Truppen zu groß war. Also schob man den unerfahren­en Prinzen als Sündenbock vor. Johann wurde zum Feldzeugme­ister und kommandier­enden General der kaiserlich­en Armee in Deutschlan­d ernannt – aber nur scheinhalb­er. In Wirklichke­it hatte der eher unfähige General Franz Freiherr von Lauer das Kommando. So kam Erzherzog Johann als großer Verlierer der Schlacht bei Hohenlinde­n in die Geschichts­bücher, denn der österreich­ische Angriff war im unwegsamen Gelände stecken geblieben und die halbe Truppe im Kampf geflohen.

Am 12. Februar 1801 versetzte der Kaiser seinen Bruder Johann aus der militärisc­hen Praxis in die Theorie, er wurde mit 19 Jahren zum Generaldir­ektor des kaiserlich­en Genie- und Fortifikat­ionswesens und damit auch zum Direktor der militärisc­hen Ingenieur-akademie in Wien bestellt.

entsprach den technische­n und geografisc­hen Neigungen des Prinzen. Schnell begann er eifrig militärisc­he Besichtigu­ngsreisen durch die Monarchie, um sich über die Möglichkei­ten der Befestigun­g des österreich­ischen Alpenraums ein Bild zu machen. Seine Studienrei­se setzte er in Böhmen und Mähren fort, fuhr durch Inneröster­reich bis Venedig und Triest, wobei Johann im April 1804 erstmals Graz besuchte. Seine Aufgaben reichten vom Festungsba­u bis zum Bau von schiffbare­n Kanälen zu militärisc­hen Zwecken. Besonders prägend für den Erzherzog war sein militärisc­hes Engagement im Tiroler Freiheitsk­ampf gegen die Franzosen und sein Kontakt zu Andreas Hofer. Aber alle Bemühungen scheiterte­n, Tirol fiel an das mit Napoleon verbündete Bayern und der Kaiser verbot ihm die Rückkehr nach Tirol. Also widmete sich der Prinz ab jetzt dem Aufbau der Steiermark.

Aus dieser Militärepo­che stammt Erzherzog Johanns Sammlung von 574 kriegswiss­enschaftli­chen Fachbücher­n, die der Prinz 1826 der Steiermärk­ischen Landesbibl­iothek schenkte und die bis vor Kurzem nur über einen alten Zettelkata­log mühsam auffindbar waderzudrü­cken

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