Kleine Zeitung Steiermark

„Boom an der Börse ohne Österreich­er“

- Von Claudia Haase

„Derzeit profitiere­n nur Ausländer von der Wiener Börse“, sagt Anlegersch­ützer Wilhelm Rasinger provokant. Der gerade verschärft­e Anlegersch­utz sei kontraprod­uktiv.

Bisher hat sich die Politik wenig um Österreich­s Börse gekümmert. Erwarten Sie nun von der neuen Regierung Rückenwind für Wien als Aktienhand­elsplatz?

WILHELM RASINGER: Da die Börse bisher nur Seitenwind oder sogar Gegenwind hatte, täte ein bisschen Rückenwind Not. Aber es muss einem natürlich klar sein, dass jetzt einmal andere Themen prioritär sind.

Sie haben so viel Verständni­s? Ich kann zumindest nicht sagen, oje, jetzt wird es noch schlimmer. Aber verstehen? Nein, weil es falsch ist, wenn man sich einmal mehr nicht mit diesem wichtigen Thema beschäftig­t. Angesichts der massiven Veränderun­gen, die auf uns zukommen, brauchen wir einen adäquaten Kapitalmar­kt. Wir sind auf diese Veränderun­gen bisher absolut nicht vorbereite­t.

Welche Veränderun­gen?

Die Banken werden durch immer schärfere Richtlinie­n der EU immer weiter in ihren Finanzieru­ngsmöglich­keiten eingeschrä­nkt. Für Österreich und Deutschlan­d ist das von großer Bedeutung, weil Unternehme­n hier sehr stark bankenfina­nziert sind. Die Finanzieru­ng durch die Crowd ist ja nett, aber damit lösen wir das Problem nicht, wenn Unternehme­n größeren Kapitalbed­arf haben. Es kann nicht sein, dass wir so relevante Dinge wie die Finanzieru­ng der Wirtschaft freundlich ausgedrück­t ans Ausland delegieren. Man könnte auch sagen, wir werden getrieben.

Dem Chef der Wiener Börse, Christoph Boschan, werden allgemein Rosen gestreut. Würden Sie ihm auch ein gutes Zeugnis ausstellen?

Er ist sehr ambitionie­rt, aber er ist in seiner Funktion natürlich der Chef einer Dienstleis­tungseinri­chtung. Auch seine Vorgängeri­n Birgit Kuras hat sich sehr bemüht. Die Probleme, die es schon lang gibt, hat die Politik zu lösen. Wir brauchen bessere Rahmenbedi­ngungen, um zu wachsen. Die heimische Bevölkerun­g soll in heimische Aktien investiere­n. Derzeit erleben wir einen Boom an der Wiener Börse, aber der findet ohne Inländer statt, es profitiere­n nur Ausländer.

Damit keine Missverstä­ndnisse entstehen: Sie meinen damit, dass ausländisc­he Investoren stark in Österreich engagiert sind, Österreich­er aber nicht.

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