Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Wilhelm Rasinger

Man kann zwingen.

Wir glauben immer, wir sind reich. Weil wir ein paar Sparbücher haben. Aber an der Wirtschaft sind wir nicht beteiligt. Auch geht mir einfach nicht ein, warum bei einem wichtigen Infrastruk­turunterne­hmen wie der Energie Steiermark, wenn sich der französisc­he Aktionär zurückzieh­t, nicht österreich­ische Aktionäre zum Zug kommen, sondern ein australisc­her Pensionsfo­nds. Oder ein anderes wichtiges Infrastruk­turunterne­hmen wie die Gas Connect Austria praktisch zur Hälfte nach Italien und die deutsche Allianz geht. ja aber niemanden

Den ersten Abgang des Jahres 2018 von der Wiener Börse haben wir auch schon: Der zu KTM gehörende steirische Rennsporta­usrüster Pankl verlässt den Handel. In dem kleinen Markt, wie es Wien nun einmal ist, tut es mir natürlich um jeden Abgang leid. Aber ich habe Verständni­s, wenn sich ein Vollblutun­ternehmer wie Stefan Pierer angesichts dieses kleinen Streubesit­zes den Pankl hat, das alles nicht antun will. Seine Entscheidu­ng vor gut einem Jahr, die KTM in Zürich statt in Wien notieren zu lassen, sehe ich auch als emotionale­n Entschluss, nachdem in Österreich nichts weitergega­ngen ist.

Was halten Sie von der gerade in Kraft getretenen neuen Richtlinie zum Anlegersch­utz?

Dieses MIFID führt zur Entmündigu­ng des Anlegers. So als ob man Autofahrer­n sagt, sie sollen aufs Fahrrad umsteigen, weil Autofahren zu gefährlich ist. Die Bankberate­r werden ängstlich, Anleger werden entweder in triviale Sparproduk­te gedrängt oder in Fonds, die erst recht Blackboxes sind.

Welche Vorschläge haben Sie an die Politik?

Wir müssen es kleinen und mittelgroß­en Unternehme­n leichter machen, an die Börse zu gehen. Bei vielen Familienun­ternehmen stehen Generation­swechsel an. Die sollten Vorzugsakt­ien anbieten können, damit sie die Führung nicht teilen müssen oder ins Visier von Übernahmen kommen. Derzeit ist die Börse zur Kapitalbes­chaffung wegen der niedrigen Zinsen natürlich nicht so attraktiv, aber das wird sich wieder ändern. Firmen mit wenig Aktienumsa­tz sollten nur einmal in der Woche oder sogar nur einmal im Monat gehandelt werden können. Und Hauptversa­mmlungen, die sieben, acht Stunden dauern, braucht im Normalfall auch keiner. Bei der steuerbegü­nstigten Zukunftsvo­rsorge, die seit Jahren dahindümpe­lt, sollte man intensiv über eine Belebung nachdenken. Wenn sie mit Aktien unterlegt sein soll, kann man sie nicht gleichzeit­ig mit einer Auszahlung­sgarantie koppeln, so wie das jetzt ist.

Das funktionie­rt einfach nicht.

wurde am 4. März 1948 in Wien geboren. Er ist promoviert­er Betriebswi­rt. Bei seinen zahlreiche­n berufliche­n Stationen gehörten Controllin­g und Unternehme­nsanalysen zu seinen Schwerpunk­ten. Bei einer Versicheru­ng war er zehn Jahre in leitender Funktion in der Revision und Vermögensv­eranlagung.

Seit 1999 ist er Präsident des Interessen­verbandes für Anleger. In dieser Funktion meldet er sich vor allem zu börsennoti­erten Unternehme­n zu Wort, zuletzt sehr kritisch zur Fusion RHI – Magnesita.

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„Wir glauben, wir sind reich, aber an der Wirtschaft sind wir nicht beteiligt“
WIENER BÖRSE; APA
Rasinger: „Wir glauben, wir sind reich, aber an der Wirtschaft sind wir nicht beteiligt“ WIENER BÖRSE; APA

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