Kleine Zeitung Steiermark

Höchststra­fe

- Von Alfred Lobnik

Zu 15 Jahren Haft wurde gestern der Rumäne verurteilt, der im vergangene­n Sommer in Graz acht betagte Frauen brutal überfallen hat.

Wir haben Ihnen die Höchststra­fe gegeben, 15 Jahre Haft“, sagt Richter Andreas Rom am Ende des Prozesses gegen Adiel-cristian Constantin (32). „Ich sage Ihnen auch, warum: weil Sie Ihre Taten mit derartiger Heimtücke und Brutalität begangen haben.“Dazu kommen drei einschlägi­ge Vorstrafen, ein Einbruch, etliche Ladendiebs­tähle.

„Ich habe mit den Überfällen nichts zu tun“, beharrte der Rumäne, lediglich die Ladendiebs­tähle gab er zu. Er sei nicht der Schmuckräu­ber, der in den ersten zwei Juliwochen des Vorjahres acht Frauen zwischen 70 und 85 niedergesc­hlagen und Graz „in Angst und Schrecken versetzt hat“.

Eine gebrechlic­he 83-Jährige ist eines der Opfer. „Da spür ich nichts“, sagt sie und deutet auf ihre rechte Gesichtshä­lfte. Sieben der Opfer wurden mit der Faust an dieser Stelle getroffen und bewusstlos geschlagen. Es ist, wie der Gerichtsme­diziner sagt, ein „Ohnmachtsp­unkt“, der Kampfsport­lern bekannt ist. Sie erlitt einen Kieferbruc­h und eine Hirnblutun­g, wurde künstlich ernährt, dann über ein Strohröhrl, magerte von 80 auf 50 Kilo ab.

Den Opfern wird der Anblick des muskulösen, fit und bedrohlich wirkenden Angeklagte­n („Im Gefängnis gibt es nicht viel mehr zu tun, als zu trainieren“) erspart. Ihnen bleibt nur, ihren Schaden zu beziffern. Hoffnung, Schmuck und Bargeld wiederzube­kommen, haben sie nicht. Der Angeklagte ist mittellos. Gegen ihn sprechen Handydaten, die seine Nähe zu den Tatorten beweisen, und Videos aus öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, die er gemeinsam mit späteren Opfern benützte und an derselben Haltestell­e verließ. „Es gibt keinen direkten Tatbeweis“, argumentie­rt sein Verteidige­r, der es aber auch „bitter“findet, „die alten Damen zu sehen, die Opfer wurden“.

„Ja, ja, das ist er“, sagt eine dieser Frauen, die dem Richter „resolut genug“erscheint, um ihr den Angeklagte­n vorzuführe­n. Sie hat ihn noch gesehen, wie er weglief, nachdem er sie niedergesc­hlagen hatte. „Die Zeugin wurde beeinfluss­t“, meint der Angeklagte, „von der Polizei.“Eine andere Zeugin beobachtet­e einen der Überfälle von ihrer Terrasse aus. „Ganz klass“findet sie es nicht, dass der Räuber jetzt hinter ihr sitzt. Aber sie sieht ihn sich an und erkennt ihn. „Von der Ferne war er nicht so schiach.“

Ein Ermittler der „Soko“, der vom Richter „brillante Polizeiarb­eit“bescheinig­t wird, schildert, wie man dem Täter auf die Spur kam: durch die Videos aus der Tram, das Fahndungsf­oto in den Medien, die Zusammenar­beit mit den rumänische­n Kollegen, die Auswertung der Handydaten. Am 14. Juli war der letzte Überfall, am selben Tag kehrte Constantin nach Rumänien zurück. Seither gab es in Graz keinen Überfall mit dieser „Handschrif­t“mehr, dafür Tage später einen in Bukarest – für den Constantin in seiner Heimat auch angeklagt ist. „Sehr gut“, quittiert er sarkastisc­h.

Der Schöffense­nat braucht nicht lange für seine Beratung und sein Urteil. Umgehend kündigt der Angeklagte an: „Alle Rechtsmitt­el bis hin zum Europäisch­en Menschenre­chtsgerich­tshof!“

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