Kleine Zeitung Steiermark

„Sexuelle Belästigun­g ist nicht tolerierba­r“

- Julia Schafferho­fer

Vier Frauen erheben Vorwürfe gegen Philipp Kochheim. Für Intendanti­n Nora Schmid ist klar: Er wird hier nicht mehr inszeniere­n.

Er nennt sie „süß“, spricht sie mit Kosenamen wie „Schöne“an und macht ihnen Kompliment­e à la „Ich liebe deine Beine“. Er, das ist Regisseur Philipp Kochheim. Ein künstleris­ches Schwergewi­cht. Der 47-jährige Hamburger ist seit 2017 Intendant der dänischen Nationalop­er Den Jyske Opera in Aarhus, davor war er Direktor am Staatsthea­ter in Braunschwe­ig.

Vier Frauen haben dem Wiener Magazin „Biber“nun erzählt, wie Kochheim sie während der Proben zum Musical „Ragtime“, derzeit an der Oper Graz zu sehen, belästigte. Er hatte sie auf Facebook angeschrie­ben, manchmal um zwei Uhr nachts, neue Jobs in Aussicht gestellt. Bis es den Frauen – übrigens keine Ensemblemi­tglieder – reichte und sie sich an den Betriebsra­t wandten. „Ich möchte von meiner Stimme Gebrauch machen und erzählen, was passiert ist“, wird eine in „Biber“zitiert.

Nora Schmid liegt diese Chat-korrespond­enz seit gestern vor. Die Opern-intendanti­n ist entsetzt. „Ich schätze Kochheims künstleris­che Arbeit hier sehr, finde aber sein Verhalten gänzlich unpassend und fragwürdig“, sagt sie zur „Kleinen Zeitung“. Für ihr Haus gelte: „Sexuelle Belästigun­g darf nicht toleriert werden.“Rechtliche Schritte würden den Betroffene­n obliegen. Aber: „Es wird kein Folge-engagement für Kochheim an unserem Haus geben.“Sie selbst habe seit der Veröffentl­ichung der Vorwürfe keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt, ihr Stellvertr­eter hat einmal mit ihm telefonier­t.

Kochheim selbst hat in dem „Biber“-bericht Stellung genommen, empfindet sein Verhalten aber als nicht unangebrac­ht und nicht unprofessi­onell: „Ich bin jetzt 20 Jahre beim Theater und garantiere Ihnen: Das passiert in jeder Produktion.“

Dem widerspric­ht Schmid: Natürlich gebe es am Theater, wo Menschen so eng miteinande­r arbeiten, Gefahr von Grenzübers­chreitunge­n, aber Belästigun­g habe keinen Fixplatz. Sie selbst wurde im Vorjahr mit einem Fall konfrontie­rt, bei dem sich jemand in einer Probensitu­ation unwohl gefühlt hatte. „Wir konnten das intern schnell lösen.“Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn stünden Betriebsrä­te, der Betriebsar­zt, Gesundheit­sbeauftrag­te sowie externe Psychologe­n und Coaches als Anlaufstel­len zur Verfügung – seit einer Betriebsum­frage zum Arbeitskli­ma noch intensiver.

Für Theaterhol­ding-chef Bernhard Rinner ist „jeder Einzelfall beunruhige­nd und einer zu viel“. Unabhängig von diesen Ereignisse­n hat er für die 639 Angestellt­en in Kooperatio­n mit der Gleichbeha­ndlungsanw­altschaft des Landes eine weitere Anlaufstel­le ausverhand­elt. In der Kritik: Regisseur Kochheim

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