Die Wahrheit über den Holocaust ist zumutbar
Warum es so wichtig ist, die Erinnerung an den Massenmord an den Juden wachzuhalten: Heinz Fischer über das Liedgut der Burschenschaft „Germania“und den heutigen Holocaustgedenktag.
Der heutige Tag – der 27. Jänner 2018 – ist der Holocaust-gedenktag. Damit hat es folgende Bewandtnis: Am 27. Jänner 1945 wurde in Polen das deutsche Nazikonzentrationslager Auschwitz-birkenau – Hitlers größtes KZ – befreit, in dem Massenmord an Juden, Roma und Sinti, Homosexuellen, Kriegsgefangenen, politischen Gegnern etc. begangen wurde.
Dieser Tag wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2005 – also zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz – zum Holocaust-gedenktag bestimmt. Er erinnert uns an den millionenfachen Mord an Männern, Frauen und Kindern, somit an die schlimmsten Verbrechen, die man sich vorstellen kann.
Ich habe das Konzentrationsdie lager Auschwitz-birkenau dreimal besucht – zuletzt 2005 und 2015. Also zum 60. und zum 70. Jahrestag der Befreiung.
Und jedes Mal – und nicht nur, wenn man an Ort und Stelle ist – bleibt einem der Atem weg, wenn man sich vorstellt, was Menschen dort erleiden mussten; wie kleine Kinder ihren Müttern weggenommen und „ins Gas“geschickt wurden; oder die Mütter samt den Kindern. Ja, dort wurde im wahrsten Sinne des Wortes „Gas gegeben“.
Und dann – nachdem wir uns jahrzehntelang mit diesem unfassbaren Abgrund der europäischen Geschichte befasst haben, taucht bei uns im Jahr 2018 das Liederbuch einer österreichischen Burschenschaft namens „Germania“(mit dem Leitspruch „Deutsch und treu Not und Tod“) auf, in dem es unter anderem wörtlich heißt: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion, gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.“
Sechs Millionen Tote werden damit verhöhnt und eine Fortsetzung des Mordens in den Raum gestellt. in prominentes Mitglied dieser Burschenschaft, das Spitzenkandidat der FPÖ bei den niederösterreichischen Landtagswahlen ist, rechtfertigt sich im Fernsehen damit, dass er im Jahr 1997, als dieses Liederbuch verfasst, gedruckt und in Umlauf gebracht wurde, erst 11 Jahre alt gewesen sei.
Das ist aber nicht das Problem. Nicht das damalige oder heutige Alter von Herrn Landbauer ist das Problem, sondern
ETatsache, dass im Jahre 1997, also 52 Jahre nach dem Selbstmord von Adolf Hitler, nach dem totalen Scheitern seiner Ideologie, nach dem Ende der Nazidiktatur in Österreich, im Auftrag einer Burschenschaft ein Liederbuch mit solchen Texten verfasst, gedruckt, verbreitet und verwendet wurde. Und zwar jahrelang. Und als dann doch jemand „ein ungutes Gefühl“bekam, wurden die Liederbücher nicht samt und sonders mit dem Ausdruck der Abscheu und des Bedauerns vernichtet und die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen, sondern es wurden lediglich „einige Texte“unleserlich gemacht, aber das Buch als solches offenbar weiter benutzt.
Die Stellungnahmen des Bundespräsidenten und andein