Peinliche Posse um Poesie
Seit 2011 prangt von der Fassade der Alice Salomon Hochschule in Berlin in großen Lettern das spanische Gedicht „avenidas“von Eugen Gomringer. Jetzt soll es weg. Studierende beklagen, die Verse des bolivianischschweizerischen Lyrikers (Übersetzung hier in der Mitte) könnten als sexistisch aufgefasst werden, Frauen würden darin zu Objekten degradiert. ätte man nicht eine gute Kinderstube, würde man jetzt sagen: „Die haben alle einen festen Klopfer.“Stattdessen bekenne ich hier und jetzt: Dann bin ich auch ein Sexist! Dann sind praktisch alle Männer Sexisten! Wie Gomringer bewundern wir Frauen. Wie die Minnesänger und Erich Fried mit seinen Liebesgedichten. Wie Paul Zech mit seiner Villon-paraphrase „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“oder Rainer Maria Rilke, der sich fragte: „Wie soll ich meine Seele halten, dass sie nicht an deine rührt?“ber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass die peinliche Posse in Berlin – ein Fall von größtmöglicher
HAakademischer Dummheit – ein Affront für alle wirklichen Opfer von Sexismus ist. ür alle, die in der #Metoowelle nun auch noch hören müssen: „Das soll man endlich ruhen lassen!“(die Täter nämlich, nicht die Opfer!). Für alle, die gefragt werden: „Warum rückt die erst jetzt raus damit?“(als ob Vergewaltigungen, nach wie vielen Jahren auch immer, abheilen wie Schürfwunden). Für alle, die Rechtfertigungen wie „Na ja, das waren halt andere Zeiten früher“ertragen müssen (als ob es je legitim gewesen wäre, Frauen einfach so an die Brüste oder sonst wohin zu fassen). leibt die Frage: Was tun mit „sexistischer“Literatur? Schwärzen? Auf den Index? Gleich verbrennen? Aber wenn schon, dann gendergerecht, wie diesen Text:
FEugen Gomringer
BStammt übrigens aus der Bibel. Hohelied der Liebe.