Vorwürfe gegen Matthias Hartmann
60 Burgtheater-mitglieder beklagen „Atmosphäre der Verunsicherung und Angst“unter dem Ex-direktor.
Rund 60 Beschäftigte des Wiener Burgtheaters haben gestern im „Standard“einen offenen Brief veröffentlicht, der von einer Atmosphäre der Angst und Verunsicherung spricht, die in der Direktionszeit von Matthias Hartmann 2009 bis 2014 geherrscht habe. Die Unterzeichner, darunter etwa Regina Fritsch, Petra Morzé, Elisabeth Orth oder Nicholas Ofczarek, betonen darin: „Wir reden von einem Klima, nicht von schweren Straftaten.“
Die konkreten Vorwürfe reichen von der Beschimpfung des technischen Personals bis zu Demütigungen einzelner Produktionsmitarbeiter. Hartmann wird etwa die Frage an Schauspielerinnen während einer Probe vorgeworfen, ob sie „beim Oralverkehr das Sperma schlucken würden oder ob das einer kalorienbewussten Ernährung widerspricht“. Zudem soll der Theaterchef einen dunkelhäutigen Choreografen als „Tanzneger“bezeichnet haben.
Vom „Standard“mit den Vorwürfen konfrontiert, sagte Hartmann, die Frage des Spermaschluckens sei als „Witz“gemeint gewesen, und er entschuldige sich, wenn er jemanden verletzt habe. Auch das Wort „Tanzneger“bestreite er nicht: „Ich bin aber kein Rassist. Der Choreograf, den ich in höchstem Maße schätze, hat sich uns selbst lachend als ,Tanzneger‘ vorgestellt und mich als ,großen weißen Mann mit Glatze‘ bezeichnet“. Auch dass er beim Theaterritual des „Toi, toi, toi!“Kolleginnen Klapse auf den Hintern gegeben habe, sei wahr, aber: „Ich habe dies niemals in chauvinistischer oder sexistischer Absicht getan.“
Im offenen Brief heißt es übrigens auch, Hartmann sei kein Einzelfall, den man inmitten von lauteren Theaterkünstlern brandmarken wolle: „Immer wieder wird von Regisseurinnen in künstlerischen Prozessen Machtmissbrauch, Demütigung und Herabwürdigung als probates Mittel in der Arbeit angesehen.“Das Schreiben drücke das Anliegen aus, gemeinsam für eine rücksichtsvolle, respektvolle und faire Arbeitsatmosphäre zu sorgen: „Wir möchten dem Burgtheater nicht schaden, sondern es als Ort der Debatte zeigen.“ Matthias Hartmann (54)
Der 54-jährige Hartmann, der heute mit dem von ihm inszenierten Stück „Lazarus“von David Bowie/enda Walsh in Düsseldorf Premiere hat, war im März 2014 wegen der Finanzaffäre des Burgtheaters als Direktor entlassen worden, ihm folgte Karin Bergmann nach. Bei Hartmann stellte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt vor zwei Monaten Teile der Ermittlungen ein, offen sind weiterhin die Punkte der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie der Abgabenhinterziehung.