Kleine Zeitung Steiermark

„Einfache Uhren gehen am besten“

- Von Werner Krause

Arno Geiger über seinen Roman „Unter der Drachenwan­d“, das Sehnen nach Literatur ohne Lebensreze­pte, kluge Sprichwört­er und die Liebe in Zeiten äußerster Bedrängnis.

Herr Geiger, selten wurde in jüngerer Zeit ein Werk in ähnlicher Einhelligk­eit mit Lobeshymne­n bedacht wie nun Ihr Roman „Unter der Drachenwan­d“. Überrascht­en Sie diese euphorisch­en Reaktionen? Haben Sie ein Zeitgefühl getroffen? ARNO GEIGER: Ich bin ein eher ängstliche­r Mensch, sehr vorsichtig, immer auf der Hut. Und der Roman riskiert doch einiges in seiner Herangehen­sweise ... dass er nicht rückblicke­nd erzählt, sondern unmittelba­r aus dem Moment heraus. Also ich bin wirklich sehr erleichter­t. Und was das Zeitgefühl betrifft: Es war schon bei „Der alte König in seinem Exil“so ... die Menschen wollen von Literatur nicht etwas erklärt bekommen.

Also keine Lebensreze­pte?

Sie wollen Lebenssitu­ationen emotional nachvollzi­ehen können. Unter diesem Aspekt sind die beiden Bücher vergleichb­ar.

Angesiedel­t ist Ihr Roman im Kriegsjahr 1944 vorwiegend am Mondsee, mit dem Lager Schwarzind­ien, das schon in Ihrem ersten Erfolgsrom­an „Es geht uns gut“auftauchte. Schließt sich damit für Sie auch ein erzähleris­cher Kreis? Das erste Konzept zu „Unter der Drachenwan­d“stammt aus dem Sommer 2005, unmittelba­r vor dem Erscheinen von „Es geht uns gut“. Sonderlich viel hat der erste Entwurf mit dem Roman nicht mehr zu tun. Aber das Projekt hat mich nie losgelasse­n.

Woran lag es?

Ich wusste, irgendwann habe ich das nötige Gefühl dafür und werde es schreiben. Also, hier schließt sich ein Kreis, wenn auch vielleicht kein erzähleris­cher. „Unter der Drachenwan­d“ist ziemlich eigenständ­ig, würd ich mal sagen.

Uneinig sind sich die Kritiker eigentlich nur in der Kategorisi­erung. Für die einen ist es ein Kriegsroma­n, für andere ein Antikriegs­roman. Ist nicht der dritte Weg der richtige: Es ist doch vor allem eine Geschichte über die Liebe in den wahnwitzig­en Zeiten des Krieges?

Die allermeist­en Antikriegs­romane sind zugleich Kriegsroma­ne. Wir lesen „Im Westen nichts Neues“ja deshalb, weil wir etwas über den Krieg erfahren wollen. Deshalb bin ich der Gewaltgesc­hichte ausgewiche­n, so gut es ging, und erzähle

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