Der Angeklagte, der ein Opfer sein will
Salah Abdeslam gilt als einziger überlebender Täter der Anschläge von Paris mit 130 Toten. Vor Gericht zeigt er keinen Funken von Reue.
Jeden Prozesstag wird er umringt von schwer bewaffneten Elitepolizisten aus einem Hochsicherheitsgefängnis vom nordfranzösischen Lille nach Belgien gebracht: Mit Salah Abdeslam steht nun der wahrscheinlich einzige überlebende Täter der Pariser Anschläge vom November 2015 vor den Richtern im Brüsseler Justizpalast – insgesamt 130 Menschen starben damals.
Zum jetzigen Zeitpunkt wird aber nicht das Grauen von Paris verhandelt, sondern eine Schießerei in Brüssel. Auf der Anklagebank sitzt neben dem 28-Jährigen der 24-jährige Tunesier Soufien Ayari. Abdeslam soll am 15. März 2016 auf Beamte geschossen haben, die jene Wohnung durchsuchen wollten, in der sie sich versteckt hielten. Mehrere Polizisten wurden dabei verletzt. Dem mutmaßlichen islamistischen Terroristen drohen drei bis 20 Jahre Haft.
Beim Prozessauftakt lässt Abdeslam gleich wissen, dass er nur eine Instanz anerkennt: Allah. Die weltlich-westliche Justiz hingegen habe für ihn keine Relevanz: „Ich habe keine Angst vor euch. Ich vertraue auf Allah.“Der Franzose mit marokkanischen Wurzeln, der seinen ersten öffentlichen Auftritt seit bald zwei Jahren hat, lässt wissen: „Ich werde schweigen“– das sei seine Verteidigung. Bei der Anklageverkündung bleibt er sitzen: „Es ist mein Recht, und mein Schweigen macht mich nicht kriminell oder schuldig.“Weil bei dem Feuergefecht im Brüsseler Viertel Forest Beamte verletzt wurden, wird den Angeklagten versuchter Mord vorgeworfen. Abdeslams mutmaßlicher Komplize Ayari räumt Verbindungen zur Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) ein. Die eigentlichen Tatvorwürfe bestreitet Ayari. Wird er danach gefragt, wie er zum islamistischen Terror des IS in Europa steht, bleibt er vage.
wegen der Anschläge in Paris soll frühestens im kommenden Jahr beginnen. Der aktuelle Prozess ist der Auftakt. Abdeslam soll dem Isselbstmordkommando angehört haben, das am 13. November 2015 in Paris 130 Leben auslöschte. Der 28-Jährige soll nach Erkenntnissen der Ermittler nach Belgien geflohen und untergetaucht sein, bis er bei einer Razzia aufgespürt und am 18. März 2016 festgenommen wurde. Vier Tage später sollen Mitglieder seiner Terrorzelle die Selbstmordanschläge in der