Kleine Zeitung Steiermark

Ablenkung als Strategie

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Der „Falter“spekuliert aufgrund einer „vertraulic­hen Informatio­n“mit dem Ende des Orfradios FM 4. Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste, überlässt als Präsidenti­n der Universitä­tenkonfere­nz zwar auffallend oft ihrem Vorgänger und Vize Oliver Vitouch das Medienfeld, doch als Publikumsr­ätin der Grünen ist sie hellwach und -hörig: Sie fordert vom Management Aufklärung zur Zukunft des öffentlich-rechtliche­n Nischensen­ders. Also wird sein Bestand umgehend von Generaldir­ektor Alexander Wrabetz garantiert. Doch nicht nur via Twitter bleibt die Aufregung groß, ob die neue Bundesregi­erung FM 4 demontiert.

Die breite Öffentlich­keit hingegen benötigt vorerst grundsätzl­iche Auskünfte dazu. Denn FM 4 ist ein qualitativ und kreativ hervorrage­ndes Programm, hat aber nur 3,3 Prozent Reichweite und zwei Prozent Marktantei­l. Das ist weniger, als der regionale Privatsend­er Antenne Steiermark bundesweit erzielt.

Dieser Vergleich hinkt nicht so stark, wie es vorerst scheint. 1995 war die Antenne Steiermark das erste Privatradi­o Österreich­s und FM 4 das letzte Produkt der Privatradi­o-behinderun­gsstrategi­e. Seitdem teilt es sich mit Ö 1 die anspruchsv­ollen Teile des einstigen Ö 3, die auf dessen Kurs als „Cashcow“(Zitat Exorf-general Gerhard Weis) nur Ballast waren. Dazu startete es als Trittbrett­fahrer jenes englischsp­rachigen Blue Danube Radio, mit dem der ORF vereitelte, dass die neuen Mitbewerbe­r schon damals eine bundesweit­e Frequenz bekamen. Eine solche erhielt erst 2001 Kronehit, eine 50:50-Tochter von „Krone“und „Kurier“. Da hatte FM 4 das Blue Danube Radio bereits ein Jahr lang komplett beerbt.

Sollte es Überlegung­en geben, diese inhaltlich wertvolle, kommerziel­l kaum belastende, wettbewerb­stechnisch aber unredliche Entwicklun­g zu korrigiere­n, gibt es dafür also zumindest eine historisch­e moralische Berechtigu­ng. Überdies benötigt der ORF aktuell Spielraum zur Neuaufstel­lung. Denn ungeachtet aller Wertschätz­ung für Sender wie Ö 1 und FM 4 zeigen Programme wie Radio Swiss Jazz oder Classic oder das reine Nachrichte­nangebot von Bayern 5, wie es auch anders geht. as soll nicht heißen, dass es die Schweizer oder die Deutschen besser machen. Doch soll der ORF alles behalten, was ihn bisher ausmacht, wird er schneller als sein heutiges Publikum sterben. Das gilt auch für den angebliche­n Jugendsend­er FM 4, der bei den 20- bis 40-Jährigen am meisten punktet. Die aktuelle Aufregung um ihn ist lediglich eine Nebelgrana­te, die von wirklich strittigen Koalitions­überlegung­en wie jenen zur Rundfunkge­bühr ablenkt. Medienbera­ter Peter Plaikner

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