Das neue Duo an der Spitze der SPD
Andrea Nahles und Olaf Scholz sollen die Genossen aus der Krise führen.
Es gab einmal eine Zeit, da ist die SPD erfolgreich von einem Duo geführt worden: von Oskar Lafontaine als Parteichef und Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat. Das Zweckbündnis zerfiel rasch. Aber jetzt sieht alles danach aus, dass wieder zwei Personen die Partei prägen werden: Andrea Nahles und Olaf Scholz.
Nahles ist jetzt die mächtigste Person in der SPD. Voraussichtlich wird die 47jährige Fraktionschefin im Bundestag bald die erste Frau an der Spitze der Partei sein. Das ist historisch. Und: Sie kriegt die Macht zu Bedingungen, die ihr gefallen dürften. Mit Olaf Scholz soll ein Mann Vizekanzler werden, den Nahles schätzt.
Wenn die Spd-mitglieder den Koalitionsvertrag billigen, werden die leidenschaftliche Nahles und der nüchterne Scholz den Kurs der SPD in der Großen Koalition prägen. Sie soll das Profil der SPD schärfen, damit die
Partei in der Koalition nicht unkenntlich wird. Er hat mit Finanzen das mächtigste Ministerium. Wie ist es zu dieser Konstellation gekommen?
Es ist kein leichter Moment für Martin Schulz, als er im Willy-brandt-haus in Berlin nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen neben Nahles steht. Er könne die SPD nicht so erneuern, wie die Partei das von ihm erwarte, sagt er. Das solle jetzt Nahles tun. Die weiß, dass jetzt kein Moment ist, in dem sie triumphieren sollte. Was sie als Parteichefin besser könne als Schulz, wird sie gefragt. „Stricken“, sagt sie. Schulz lacht.
Er hatte sich nach dem katastrophalen Ergebnis der SPD bei der Bundestagswahl an die Macht in der Partei geklammert. Jetzt bekommt der 62Jährige die Chance, als Außenminister zu zeigen, was er kann. Dafür muss er sein Wort brechen, nicht in ein Kabinett von Merkel zu gehen – weshalb die Aufregung in der Partei groß ist. Zudem muss Schulz den bisherigen Außenminister Sigmar Gabriel, der ihn zum Parteichef machte, beiseiteschieben. Über ihn sagt Schulz nur, er habe „eine sehr gute Arbeit geleistet“. Jetzt wolle er selbst Außenminister werden.
Und Gabriel? Der ist schwer getroffen und rechnet ab: „Was bleibt, ist nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt“, sagt er. Doch auch Schulz muss einen hohen Preis zahlen. Er wollte Parteichef bleiben und als Vizekanzler ins Kabinett. Dagegen gab es bis in die Parteiführung Widerstand. Viele zweifeln an Schulz’ Führungsfähigkeiten. Der drehte rechtzeitig bei. Er überließ Nahles den Parteivorsitz. Und verzichtete auf den Vizekanzler. Eine Entmachtung.
Tobias Peter, Berlin Andrea Nahles, neue starke Frau der SPD Olaf Scholz wird Finanzminister