Wird Wachstum für Graz zur Bevölkerungswachstum: So legt Graz zu
Die Landeshauptstadt wächst rasant, soll 2034 bereits 329.000 Einwohner zählen. Der Wohnungsbau boomt. Wer kann, steckt Geld ins „Betongold“. Bei Immobilienprofis gibt es dennoch Sorgenfalten.
An allen Ecken und Enden schießen in Graz Siedlungen aus dem Boden. „Es wird auch in verkehrsreichen Lagen gebaut, über die sich Entwickler vor 15 Jahren nicht drübergetraut hätten“, nickt der Wirtschaftskammerobmann der Immobilienbranche, Gerald Gollenz. Graz und den Wohnungsmarkt wähnt er in einer Wachstumsfalle: „Seit der Krise ist die Nachfrage nach Vorsorgewohnungen massiv gestiegen. Es gibt in der Stadt einen Hang zu Mikrowohnungen mit kleinen, für Anleger problematischen Grundrissen.“
Das sei wirtschaftlich ein Unsinn: „Eine Zweizimmerwohnung, die man an zwei Studenten vermietet, ist rentabler als zwei in Relation teurere Einzimmer-wohnungen.“Trotz Trends zu Singlehaushalten: „So viele Studenten gibt es gar nicht, wie Kleinstwohnungen gebaut werden. Da entstehen Hunderte Anlegerwohnungen in teils schlechter Lage.“Sind diese unvermietbar, sieht es für Anleger-renditen schlecht aus: „Aber die Leute wissen nicht, wohin sonst mit ihrem Geld.“Große Gewinne dürfe keiner erwarten: „Kaufe ich eine Wohnung in guter Lage, ist das Geld wertgesichert, vermiete ich, krieg ich ein bisserl dafür.“Ein Riesengeschäft sei das nicht.
Rund 3000 Mietwohnungen stehen in der Stadt leer, analysiert der Immobilien-chef Nikolaus Lallitsch, sind aber am Markt. Im Bericht des Wohnungsamtes von 2016 steht eine Schätzung, wonach der dauerhafte, nicht marktaktive Leerstand eben- falls 3000 Wohnungen trifft. Die Gründe dafür reichen von Sanierungsbedarf, Vorbehalt für Eigenbedarf bis zur Scheu zu vermieten. Dornbirn und Salzburg haben Reaktivierungsmodelle entwickelt. Die Stadt geht in die Mietabwicklung oder die Vermieterrolle, um das Risiko für Mieter und Vermieter abzufangen und die Wohnungen wieder auf den Markt zu bekommen. „Das ist kein Thema für Graz“, sagt Wohnungsstadtrat Mario Eustacchio (FPÖ).
Dass trotz eines Leerstands von 6000 Wohnungen so viele neue gebaut werden, sei kein Widerspruch. Denn pro Jahr kommen 2500 neue Einwohner dazu. Auch Lallitsch sieht Großsiedlungsprojekte kritisch: „Das ist nicht das, was die Leute wollen, aber es ist fast nur das, was sie bekommen können.“
Kleinere, feinere Projekte scheitern oft am Baulandmangel, der in Graz Grundstückspreise anheize. Bauträger kaufen nun Vorstadtvillen, die sie schleifen, um auf dem Grund Wohnanlagen zu bauen. Ganze Viertel ändern ihren Charakter. Gebrauchte Eigentumswohnungen sind Mangelware und steigen im Preis. Mieten sind aber aufgrund des Marktangebotes vergleichsweise moderat, sagt Gollenz: „Salzburg, Wien und Innsbruck sind viel teurer.“
Eine Immobilienblase drohe trotz Bau-booms in Graz nicht, hat jüngst Raiffeisen-general Martin Schaller betont. Diese Gefahr hält auch Gollenz für gering: „Es ist ja mehr als genug Eigenkapital da, die Käufer greifen nicht so sehr zur Fremdfinanzierung.“Über die Grazgläubigkeit der Anleger und Smart City Waagner-biro 1 Campus Eggenberg 2 Zuzügler schüttelt er dennoch den Kopf: „Sie nehmen deutlich höhere Preise als im Umland in Kauf.“Es gebe aber erste Projektentwickler, die außerhalb der Stadt bauen. Das sei auch eine Erleichterung für Graz: „Denn die Stadt wird sich dieses Wachstum bald nicht mehr leisten können. Die Stadt muss ja in neue Schulen, Tramlinien investieren.“Das wiege der Zuzug einnahmenseitig bald nicht mehr auf. Gefordert sei eine