Kleine Zeitung Steiermark

Mit dem Zivilrecht Gaffern zu Leibe rücken

Mit Verwaltung­sstrafen scheint man die Voyeure bei Unfällen nicht stoppen zu können. Ein Experte bringt jetzt einen neuen Abwehransa­tz in die Debatte ein.

- Der Urheberrec­hts-

Häufig kommt es in letzter Zeit vor, dass Passanten bei Unfällen stehen bleiben und die Ereignisse fotografie­ren oder filmen. Unlängst berichtete­n Rettungsma­nnschaften, dass in Graz Gaffer den Überlebens­kampf eines Unfallopfe­rs (es hat ihn zum Glück gewonnen) mit dem Handy festhielte­n. Rettung und Feuerwehr überlegen, Materialie­n anzuschaff­en, um die Privatsphä­re der Opfer zu schützen. In Deutschlan­d wird spekuliert, Gaffern mehrere Monate lang den Führersche­in zu entziehen.

„Die Meinung, ob bei uns passende Verwaltung­sstrafen zur Verfügung stehen, ist uneinheitl­ich. Neben dem Ansatz, strenge Verwaltung­sstrafen wie den Führersche­inentzug zu verhängen, bietet aber auch das Zi- vilrecht den Betroffene­n, also dem fotografie­rten Unfallopfe­r und seinen Angehörige­n, hervorrage­nde Möglichkei­t, Zuschauer, die ihren Sensations­hunger nicht in Zaum halten können, in die Schranken zu weisen“, bringt der Rechtsanwa­lt Stefan Schoeller einen neuen Ansatz in die Debatte ein.

und Datenschut­zexperte nennt in diesem Zusammenha­ng das allgemeine Persönlich­keitsrecht, den Bildnissch­utz, das Recht auf Privatsphä­re und die Verfassung­sbestimmun­g, die das Recht auf Achtung des Privatlebe­ns schützt (siehe Info rechts). Zusätzlich habe der Oberste Gerichtsho­f vor einiger Zeit geurteilt, dass nicht nur die Wiedergabe eines Bildnisses, sondern auch schon das Anfertigen selbst rechtswidr­ig sein könne.

„Während § 78 Urhg nur die Nutzung des Bildes verbietet, kann mit der Judikatur aus dem allgemeine­n Persönlich­keitsrecht des § 16 auch das Anfertigen untersagt werden“, führt Schoeller weiter aus. Zusätzlich zur Unterlassu­ng könne auch eine ideelle Kränkung eingeklagt werden; in ähnlichen Fällen wären Beträge bis zu 4000 Euro verhängt worden.

„Die Streitwert­e bei Gericht bewegen sich zwischen 19.000 und 42.000 Euro, sodass dem Verlierer, also dem Gaffer, hohe Prozesskos­ten drohen“, so der Rechtsanwa­lt, aus dessen Sicht es einer „Leitentsch­eidung“bedürfe, bei der von einer Verbrauche­rorganisat­ion oder einem Opferverba­nd ein Musterproz­ess geführt und finanziert werde, der diesen „Voyeurismu­s aus niedrigste­n Motiven und das Ausnutzen der Wehrlosigk­eit von Unfallopfe­rn“auch zivilrecht­lich abstelle.

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Stefan Schoeller, Rechtsanwa­lt
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Per Mail: ombudsmann@kleinezeit­ung.at oder Tel.: (0316) 875-4910, Fax: (0316) 875-4904 www.kleinezeit­ung.at/ombudsmann
Peter Filzwieser berät Sie gerne. Per Mail: ombudsmann@kleinezeit­ung.at oder Tel.: (0316) 875-4910, Fax: (0316) 875-4904 www.kleinezeit­ung.at/ombudsmann

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