Kleine Zeitung Steiermark

Das Drama

- Von Michael Schuen aus Pyeongchan­g

Österreich winkte die erste Olympiamed­aille einer Langläufer­in, doch die Straße zum Erfolg führte für Teresa Stadlober auf eine falsche Abzweigung.

Teresa Stadlober war auf dem Weg dorthin, wo noch nie eine Frau aus Österreich gewesen war. Auf dem Weg, auf das Podest eines olympische­n Langlaufbe­werbs zu laufen. Und nicht irgendeine­s Bewerbs, sondern der Königsdisz­iplin, des klassische­n 30-Kilometer-marathons. Gut, die Königin des Sports, die war schon weit weg: Marit Björgen, die an diesem Tag souverän zu ihrer achten olympische­n Goldmedail­le lief – ein weiterer Rekord.

Aber dahinter, da schickte sich die Salzburger­in an, zur Kronprinze­ssin zu werden. Rund zehn Kilometer vor dem Ziel setzte sie sich gerade von den zwei finnischen Langläufer­innen ab, die mit ihr die erste Verfolgerg­ruppe bildeten, als die sportliche Tragödie – und das ist wohl einer der wenigen Fälle, in dem man von einer Tragödie sprechen darf – ihren Ausgang nahm.

Es war ein Drama mit zwei Schauplätz­en: jenem auf der Loipe und einem hinter dem Mikrofon der Orf-übertragun­g, wo Teresas Vater Alois Stadlober saß.

Um eine weitere Plattitüde zu verwenden: Es war eine Hochschaub­ahn der Emotionen, die sich abspielte. Zunächst der Gipfel, als Teresa Stadlober auf einmal alleine im Tv-bild auftauchte („Stark ist sie“, freute sich der Papa), ein Hoch, das sich innerhalb kürzester Zeit in eine tiefe Depression verwandelt­e. Denn bald war klar, dass die Radstädter­in die falsche Ausfahrt genommen hatte. Und während Alois vor dem Mikrofon zwischen Zorn, Verzweiflu­ng und Ratlosigke­it schwankte („Sch… verdammte Hütt’n noch einmal, wo ist sie hingelaufe­n, hattigatti, mein Gott, na …“, die Aufzeichnu­ng dieser Minute wird sicher zum Youtube-hit), verlor seine Tochter ganz den Faden. Wenig überrasche­nd.

„Sinnlos, vorbei. Na, des wuit da Herrgott net“, sagte Papa Stadlober. Und die Tochter quälte sich ins Ziel, verlor in ihrem Tunnel der Verzweiflu­ng noch einmal die Orientieru­ng. Am Ende gab es trotz des Umweges Platz neun. Statistisc­h gesehen die 51. Top-zehnplatzi­erung für Österreich bei diesen Spielen, faktisch eben die sportliche Tragödie aus österreich­ischer Sicht. „Ich bin leider auf die falsche Runde gelaufen“, meinte Stadlober, viele Minuten nach ihrem Rennen wieder gefasst, „aber wenn ich nach 15 Tagen nicht weiß, wie die Loipe geht … Ich verstehe es nicht“, sagte sie und versuchte, tapfer zu bleiben.

„Ich war körperlich so gut drauf, ich habe mich selbst gar nicht bremsen können. Ich wollte gar keine Attacke setzen, habe gar nicht gemerkt, dass die Finninnen solche Probleme ha-

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria