Eine Frage der Ehre
Einzigartig: Acht „Helden“rücken die Männlichkeitsbilder (migrantischer) Jugendlicher zurecht.
Du hast keine Ehre“, sagt der Bursche in einer Grazer Schule und zeigt auf einen Mitschüler. Das sitzt. Gelächter in der Runde. Der Vorwurf der Ehrlosigkeit, das ist die größtmögliche Beleidigung in „Ehrenkulturen“, wo die Ehre der Familie über allem steht.
„Was heißt denn das konkret, ehrlos?“, fragt Ervin C´ enanovic´ dazwischen. Schweigen. Zuckende Schultern. Fragende Blicke. Dann kommt langsam eine Diskussion in Gang.
C´ enanovic´ ist einer von zwei Gruppenleitern beim Projekt „Heroes. Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre“. Tatsächlich wird in vielen, vor allem migrantischen Familien der Ehre alles untergeordnet, mit Neue Männlichkeitsbilder: die „Heroes“Hagop (li.) und Olfat (re.) massiven Auswirkungen für Frauen: Was sie anziehen, welche Ausbildung sie machen, ob sie einen Facebook-account haben dürfen, wen sie heiraten – das wird unter dem Blickwinkel der Familienehre entschieden. Und zwar von den Vätern, Ehemännern oder Brüdern, die die Ehre verteidigen sollen. Eine Rolle, mit der auch viele Burschen ein Problem haben.
Mit „Heroes“sollen diese Rollen aufgebrochen werden. Zwei Punkte machen das Projekt einzigartig. Erstens: Es wird von der Caritas-frauenbera- tungsstelle DIVAN und von der Fachstelle für Burschenarbeit gemeinsam getragen. „Hier nur mit Frauen zu arbeiten, ist ziemlich sinnlos, wenn die Männer nicht aufgeklärt werden“, sagt Emina Saric von DIVAN. Zweiter Punkt: Seit Monaten wurden acht ausgewählte männliche Jugendliche ausgebildet. Heroe sein heißt: Nicht die Ehre der Familie auf Kosten der Frauen verteidigen, sondern die Freiheit der Frauen, ihre Entscheidungen selbst zu treffen.
Morgen, Montag, werden den Burschen zwischen 16 und 22 Jahren mit vorwiegend migrantischem Hintergrund ihre „Heroes“-zertifikate verliehen. „Ab dann gehen jeweils zwei von ihnen gemeinsam mit einem von uns in Schulklassen“, erklärt der zweite Gruppenleiter Faraz Leilabadi. Mit Rollenspielen werden die Jugendlichen in Situationen geworfen, die dann diskutiert werden. „Mit offenem Ausgang“, betont Leilabadi. „Wir reden über alles, was die Jugendlichen beschäftigt, und stellen Fragen, auf die es