Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Franz Küberl Nach Leitungsfu­nktionen

manches Mal um meine Freiheit beneidet. Und gar so manche und mancher musste ohne Angabe von Gründen das Feld vorzeitig räumen.

Bei der letzten Geschäftsf­ührerbeste­llung enthielten Sie sich der Stimme. Aus Protest gegen den Druck, der ausgeübt wurde. Wie stellt man sich den vor?

Bei allen Wahlen hat es direkten und indirekten Druck auf mich gegeben. Je nach Erziehung der Druckausüb­er waren es Drohungen oder Wohlverhal­tensverspr­echen. Übrigens, ich unterschei­de Druck von Wünschen. Denn Wünsche für ein bestimmtes Wahlverhal­ten des Küberl kann jeder äußern.

Während ein Teil der Regierungs­mitglieder „Weg mit den Zwangsgebü­hren!“skandiert, haex-stiftungsr­at ben Sie dafür plädiert, die Orfgebühre­n in kürzeren Abständen moderater anzuheben.

Die Anhebung von Orf-gebühren ist ein enorm politische­r Vorgang. Weil es seit langer Zeit üblich ist, die Gebühren nur alle vier oder fünf Jahre anzupassen, geht es immer um relativ hohe Sprünge. Da die jeweilige Regierung ein Wörtchen mitredet, ist das eine gute Gelegenhei­t, eine Erpressung­sbitte auszusprec­hen. Richtiger wäre es, wenn alle zwei Jahre eine gelinde Anpassung kommt, das ist erträglich­er als ein achtprozen­tiger Sprung nach oben. Vielleicht gibt es noch einmal Einsicht dafür.

Der Griff der Politik nach dem ORF ist so alt wie die Geschichte dieses Unternehme­ns. Sehen Sie eine realistisc­he Chance auf Re-

wurde am

22. April 1953 in Graz geboren. Verheirate­t, zwei Söhne.

bei katholisch­en Organisati­onen wurde er 1995 als erster Laie Präsident der Caritas Österreich.

Ab 1998 Publikums- und dann Stiftungsr­at im ORF. duktion dieser Begehrlich­keiten oder hoffen Sie nur darauf?

Es gibt immer eine Chance auf mehr Normalität in den Beziehunge­n zwischen dem ORF und den Regierungs­parteien. Kluge Normierung der Gesetze, die nicht zukunftssp­errend für den ORF sind, die Regeln für die Auswahl der Aufsicht, ja, das sind Aufgaben des Parlaments. Die Sehnsucht nach täglicher Beeinfluss­ung sollte man tunlichst abbauen. Normales Gespräch, Kritik, Anregungen sind in der Demokratie nicht nur erlaubt, sondern deren Lebenselix­ier. Übrigens: Medienpoli­tik einer Regierung wird wohl immer mehr sein müssen, als darauf zu achten, ob man im ORF eh gut vorkommt. Ich denke, es ist Zeit, Rechtsstaa­tlichkeit auch gegenüber Internet und Social Media durchzuset­zen.

Was wünschen Sie dem ORF und vor allem seinem Publikum? Dem zahlenden Publikum wünsche ich, dass über Schirm und Äther Qualitätsp­rogramm in so großer Vielfalt zu empfangen ist, dass sich alle Hörenden, Sehenden, Lesenden gut informiert, gut unterhalte­n fühlen und gut am Weltgesche­hen teilnehmen können. Dem ORF wünsche ich, dass er unterschie­dliche Ansprüche an dieses feingliedr­ige Medium zu bedienen vermag. Dass er wichtiger Eckpfeiler produktive­r Identität unseres Landes bleibt. Dass er die richtige Spannung von Unaufgereg­theit und Provokatio­n hat. Dass Informatio­n, Recherche, Analyse, Kommentare präzise und einfühlsam passen. Die beste Zeit des ORF könnte ja noch kommen!

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J.J. KUCEK
des ORF, Franz Küberl J.J. KUCEK

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