Was der Feminismus
Die USA als Vorbild? Gesellschaftspolitisch derzeit nicht besonders angesagt. Dabei lädt die breitenwirksame Us-debatte in Sachen Gleichstellung durchaus zur Nachahmung ein.
Oscar sei Dank: Hollywoods größte Preisgala in der Nacht auf Montag hat, pünktlich vor dem Internationalen Frauentag, eine Debatte wieder in Gang gebracht, die, zumindest bei uns, schon fast am Verebben war.
In Amerika nennen sie es mittlerweile „Inklusionskrise“– ausgelöst durch Veröffentlichungen, die unter dem Hashtag #Metoo eine weltweite Diskussion über sexuelle Gewalt lostraten, ist ein neues Bewusstsein für die nach wie vor gravierenden Defizite in Sachen Gleichstellung entstanden. Und für die Dringlichkeit, mit der sich die Zustände verändern müssen.
Dazu passt das Motto für den heutigen Internationalen Frauentag: #Pressforprogress, ein Aufruf, für mehr Fortschritt Druck zu machen. Der Fokus gilt dem Kampf gegen sexuelle Gewalt und gegen Lohnungleichheit. Letztere ist zwar laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums erst in 217 (!) Jahren ausgeräumt. Nichtsdestotrotz ist schon jetzt der vielleicht perfekte Moment für einen Wendepunkt in der Geschlechterdiskussion erreicht. Zum einen hat #Metoo vielen Frauen – und Männern – den Mut gegeben, Erfahrungen von Übergriff und Erniedrigung öffentlich zu machen. Zum anderen hat die Dimension der Attacken die Öffentlichkeit sensibilisiert. Auch bei uns, wie nicht zuletzt Beispiele vom Österreichischen Skiverband bis in die heimische Parteienlandschaft gezeigt haben. Dringend steht die Prüfung missbrauchsbegünstigender Strukturen an.
In puncto Methodik lässt sich nicht zuletzt hier von Amerika lernen. Auch wenn in den USA der öffentliche Diskurs über gesellschaftspolitische Fragen mit einem Eifer und einer Kompromisslosigkeit geführt wird, die in Europa manchmal Kopfschütteln auslöst. Aber so geht was weiter. Weil eine konsequente öffentliche (und von Prominenten offensiv unterstützte) Verfolgung politischer Ziele ganz offensichtlich gesellschaftliche Veränderungen beschleunigt. Gängiges Beispiel: die gleichgeschlechtliche Ehe. Während bei uns die Verpartnerung bereits 2010 legalisiert wurde, gab es in den USA keine entsprechende Regelung, die öffentliche Zustimmung zur „Gay Marriage“lag bei unter 50 Prozent. Keine fünf Jahre später war die Homo-ehe bundesweit legalisiert – in Österreich dagegen dauerte der Prozess der ehelichen Gleichstellung bis Ende 2017. America first.
Hat ein misogyner Präsident mit Aussagen wie „Grab ’em by the pussy“für Treibstoff und Einigkeit einer Veränderungsinitiative wie
#Timesup gesorgt? Oder gelingt es
Amerikanerinnen und
Amerikanern insgesamt besser, inhomogene
Haltungen für ein größeres Ganzes einem gemeinsamen Ziel unterzuordnen? Fest steht: Genau das scheint sie von uns zu unterscheiden – wir bewerfen uns lieber über die Parteizäune mit
Pros und
Kontras.
Vielleicht ist die Us-debatte ja auch deswegen so breitenwirkverhandlungen