Ein kleiner Gruß aus dem Labor
Über die zweite Staffel der Serie „Jessica Jones“auf Netflix
Es gibt so geflügelte Phrasen, die gehen einem schon auf die Nerven, wenn man nur den dazugehörigen Gesichtsausdruck sieht. Ein besonderer Vertreter aus dieser Kiste ist: „Jetzt musst du ganz stark sein.“Wie sich das anfühlt, wenn der Schuss nach hinten losgeht, davon kann Superheldin Jessica Jones (dargestellt von Krysten Ritter) ein Lied singen. Was bei den bekannten Superhelden, also denen mit Cape und im Permanent-super-pursuit-mode, so schön schillert und blendet, ist für Jessica Jones ein tägliches Ärgernis. Das passiert, wenn deine Superkräfte das Nebenprodukt eines Experiments sind – quasi ein kleiner Gruß aus der Laborküche. nd so bleibt die Aufarbeitung der dunklen Seite des Superheldentums natürlich wieder einmal an der Superheldin selbst picken, denn die gibt offen zu, dass es sie nervt: dass man selbstverständlich für alles, jeden und sämtliche Problemfälle die allererste Anlaufstelle ist. Dass man immer freundlich, lieb und hilfsbereit sein sollte. Dass man kein Recht auf ein Privatleben hat, nur weil wieder jemand die Welt an den Rand des Abgrunds bringt. Vielleicht hat es auch deshalb drei Jahre gedauert, bis jetzt die zweite Staffel erschienen ist. Eine zweifelnde Heldin kratzt am Lack der Perfektion. Man könnte auch Vorreiterin dazu sagen.
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