Kleine Zeitung Steiermark

Ein kleiner Gruß aus dem Labor

- Susanne Rakowitz

Über die zweite Staffel der Serie „Jessica Jones“auf Netflix

Es gibt so geflügelte Phrasen, die gehen einem schon auf die Nerven, wenn man nur den dazugehöri­gen Gesichtsau­sdruck sieht. Ein besonderer Vertreter aus dieser Kiste ist: „Jetzt musst du ganz stark sein.“Wie sich das anfühlt, wenn der Schuss nach hinten losgeht, davon kann Superheldi­n Jessica Jones (dargestell­t von Krysten Ritter) ein Lied singen. Was bei den bekannten Superhelde­n, also denen mit Cape und im Permanent-super-pursuit-mode, so schön schillert und blendet, ist für Jessica Jones ein tägliches Ärgernis. Das passiert, wenn deine Superkräft­e das Nebenprodu­kt eines Experiment­s sind – quasi ein kleiner Gruß aus der Laborküche. nd so bleibt die Aufarbeitu­ng der dunklen Seite des Superhelde­ntums natürlich wieder einmal an der Superheldi­n selbst picken, denn die gibt offen zu, dass es sie nervt: dass man selbstvers­tändlich für alles, jeden und sämtliche Problemfäl­le die allererste Anlaufstel­le ist. Dass man immer freundlich, lieb und hilfsberei­t sein sollte. Dass man kein Recht auf ein Privatlebe­n hat, nur weil wieder jemand die Welt an den Rand des Abgrunds bringt. Vielleicht hat es auch deshalb drei Jahre gedauert, bis jetzt die zweite Staffel erschienen ist. Eine zweifelnde Heldin kratzt am Lack der Perfektion. Man könnte auch Vorreiteri­n dazu sagen.

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