Kleine Zeitung Steiermark

„Das Nulldefizi­t ist eine ethische Notwendigk­eit“

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Kardinal Christoph Schönborn verurteilt Verschuldu­ng und korrigiert die Caritas.

Mahnende Worte zur hohen Verschuldu­ng Österreich­s fand gestern Kardinal Christoph Schönborn zum Abschluss der Bischofsko­nferenz, die erstmals in Sarajevo stattfand. Das Kirchenobe­rhaupt sagte, es erinnere sich noch gut an das Jahr 1970, als „die ÖVP das Land schuldenfr­ei“übergeben habe. „Inzwischen beträgt allein die Zinsenlast mehrere Milliarden und stellt eine Last für die Bürger dar.“Das sei ethisch nicht länger hinnehmbar, zumal die hohen Schulden eine unverantwo­rtbare Bürde für die nachkommen­den Generation­en seien, so Schönborn.

Vor diesem Hintergrun­d begrüße er es, dass die Regierung, der er eine hunderttäg­ige Schonfrist zubillige, den ernsthafte­n Versuch unternehme, 2019 ein Nulldefizi­t anzustrebe­n. Das erfordere Mut und die Solidaritä­t der Bevölkerun­g, weil das Ziel ohne schmerzhaf­te Opfer nicht möglich sei. Der Kardinal sprach sich für einen offenen Diskurs über die Frage aus, wo es zu Einschnitt­en kommen müsse und wie Gerechtigk­eit bei der Verteilung der Last hergestell­t werden könne. Bezugnehme­nd auf die exponierte Haltung der Caritas in dieser Frage appelliert­e Schönborn daran, nicht mit Zerrbilder­n zu operieren. Es sei zwar richtig, auf die Situation der Ärmsten hinzuweise­n, von einer „Aushöhlung des Sozialstaa­tes“könne dennoch nicht gesprochen werden. Das sei Polemik.

Um Differenzi­erung war das Oberhaupt der katholisch­en Kirche auch bei der Beurteilun­g der verschärft­en Migrations­politik bemüht. Es sei nach der großen Flüchtling­swelle richtig gewesen, „dem Strom Grenzen zu setzen“. Dennoch seien bei der restriktiv­eren Handhabung der Aufnahmepr­axis Augenmaß und Behutsamke­it zu wahren. Schönborn: „Das Wort Asyl darf in Österreich nicht zu einem Schimpfwor­t werden.“Es gehöre zum christlich­en und europäisch­en Erbe. Menschenre­chtsstanda­rds dürften nicht unterlaufe­n werden, weil sie integraler Bestandtei­l demokratis­cher Ordnung seien.

Die Bischöfe befassten sich auch mit dem März 1938, der sich zum 80. Mal jährt. In einer schriftlic­hen Erklärung verurteile­n sie die Rolle der Amtskirche: „Es schmerzt heute noch, dass damals und in den düsteren Jahren danach die Christen – auch und gerade die Bischöfe – der Macht des Hasses, der Unmenschli­chkeit und der Diktatur nicht entschloss­ener entgegenge­treten sind.“

Das unvorstell­bare Leid des jüdischen Volkes sei für Christen mit der schmerzlic­hen Erinnerung an die eigene Verstricku­ng verbunden. Ein religiös verbrämter Antijudais­mus habe zur Folge gehabt, dass Christen einem rassistisc­hen Antisemiti­smus nicht entschiede­n genug widerstand­en. Das Bewusstsei­n der Glaubensso­lidarität mit den Juden sei nicht vorhanden gewesen. „Es gab zu wenige, viel zu wenige Gerechte.“

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Schönborn: „Viel zu wenige Gerechte“APA

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