Das Polit-märchen Verwaltungsreform
Bildlich gesprochen werden Lese- und Schreibschwächen der österreichischen Bevölkerung als Teil des staatlichen Bildungsnotstandes verstanden. Ein Mangel an Lese- und Schreibfähigkeiten ist auch in der Politszene zu verorten, wenn man die Wortbeiträge zur Verwaltungsreform der Republik verfolgt. Zuletzt befiel den aktuellen Justizminister eine derartige Lese- und Schreibgebrechlichkeit, als er darüber fabulierte, dass alle Gesetze, die vor dem Jahr 2000 in Kraft gesetzt worden sind, nun außer Kraft gesetzt werden, das nennt sich dann Verwaltungsreform. Einen solch beispiellosen Vorgang einer gesetzeslosen Zeit der Anarchie haben nicht einmal Revolutionäre in Taten umgesetzt.
Solch eine Art von Reform ist ja nur eine Chimäre, wenn man die Geschichte der Entstehung der Republik Österreich im Jahr 1918 studiert. Um Anarchie in der Zeit von größter Not und Hunger hintanzuhalten, beschlossen am 21. Oktober 1918 die unter der K-.u.-k.monarchie segelnden selbstständigen Länder Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Ober- und Niederösterreich die Gründung einer gemeinsamen demokratischen Republik, die sich besonders nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Modell einer funktionierenden Demokratie entwickelt hat. Die Grundlage dafür ist im Herbst 1918 gelegt worden, als sich die Länder eine gemeinsame Bundesverwaltung gaben, die dann in der von Hans Kelsen ausgearbeiteten Bundesverfassung rechtlich verankert worden ist. Die Länder waren die Begründer dieser demokratisch legitimierten Republik und verfügen somit auch über rechtskonforme Ansprüche gegenüber der Bundesverwaltung. Der Bund ist der Diener der Länder und nicht umgekehrt. ur so sind die Planspiele eines früheren Kärntner Landeshauptmannes mit einem Freistaat Kärnten zu erklären. Und so sind auch einer Verwaltungsreform verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt, wenn man die österreichische Bundesverfassung aufmerksam studiert. Man müsste die Republik auflösen und eine neue erfinden, will man eine Verwaltungsreform erzwingen. Doch das steht diametral zur Gründungsidee der demokratischen Republik Österreich.
ist Autor, Regisseur, Produzent
Die Länder waren die Begründer der demokratisch legitimierten Republik. Der Bund ist ihr Diener und nicht umgekehrt.“
N