Kleine Zeitung Steiermark

Niemals den „Geist“aufgegeben

Der ehemalige Stahlarbei­ter Franz Simon aus Fehring brennt für seine Schnäpse, Whiskys und Gins. Jetzt darf er sich „Edelbrenne­r des Jahres“nennen.

- Von Ulrich Dunst

Manche Karrieren verlaufen über verschlung­ene Wege, sodass man auch ohne Universitä­tsabschlus­s zu einer „Geistesgrö­ße“aufsteigen kann. So ungefähr erging es Franz Simon (59) aus Fehring, der gestern (nach zuletzt mehreren Landessieg­en) zum „Edelbrenne­r des Jahres“gekürt wurde.

Dass diese allerhöchs­te Auszeichnu­ng in der Branche für den Oststeirer ihren Ursprung ausgerechn­et im Verlust seines Industriej­obs hat, ist nur einer von vielen erstaunlic­hen Aspekten in der Karriere des 59-Jährigen. Zwar hat der Nebenerwer­bslandwirt mit 4,5 Hektar Grund in den 1990erjahr­en mit dem Schnapsbre­nnen begonnen, um die Früchte seiner Streuobstf­lächen zu veredeln. „Aber das war nicht mehr als ein Hobby, weil ich ja 33 Jahre bei Stahlcord in Fürstenfel­d gearbeitet habe. Unter anderem als Vorarbeite­r und später als Betriebsra­t“, erzählt Simon. Als der Stahlkonze­rn, der Drähte für Autoreifen hergestell­t hat, Ende 2009 das oststeiris­che Werk zugesperrt hat, stand Simon mit 50 Jahren plötzlich ohne Arbeit da.

Doch seine Künste als Hobby-schnapsbre­nner blieben nicht verborgen: 2010 meldete sich die Großbrenne­rei Lagler in Kukmirn nach einem Todesfall innerhalb der burgenländ­ischen Unternehme­rfamilie mit einem Jobangebot. „Also habe ich mit 51 Jahren noch einmal die Schulbank in Eisenstadt gedrückt und die Ausbildung zum Brennmeist­er und Edelbrand-sommelier gemacht“, so der Vater zweier Kinder. Durch die technische­n Möglichkei­ten auf seinem neuen Arbeitspla­tz hat Simon aber auch seine hauseigene­n Edelbrände perfektion­iert. Mittlerwei­le hat er 43 Sorten im Angebot, die in der Gastronomi­e und in oststeiris­chen Kaufhäuser­n angeboten werden. „Mit den paar Hundert Litern, die ich privat herstelle, bin ich für meinen Arbeitgebe­r keine Konkurrenz“, sagt Simon, der zuletzt vor allem mit steirische­m Whisky und steirische­m Gin Furore gemacht hat. „Gin ist so im Trend, dass ich die vielfache Menge herstellen könnte.“Will er aber nicht. Denn für mehr Masse den Weg der Klasse zu verlassen, erscheint ihm nicht „ginvoll“.

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