„Elektro ist jetzt schon besser als Diesel“
Christian Senger leitet die E-mobility im Vw-konzern: ein Gespräch über die Neuerfindung des Autos, Ladeprobleme und Gesamtenergiebilanz.
Volkswagen goes Electric. Wie schaut der aktuelle Fahrplan aus?
CHRISTIAN SENGER: Der kompakte VW I.D., den wir als Erstes bringen, wird die dritte Neuerfindung der Marke nach Käfer und Golf sein – auf elektrischer und digitaler Ebene. Dann kommt der I.D. Crozz. 400 Kilometer Reichweite wird die Basisausstattung sein.
Halten Sie daran fest, dass der I.D. so viel wie ein gut ausgestatteter Diesel-golf kosten wird?
Das wird die Herausforderung für uns sein.
VW, Audi, Sˇ koda und Seat bringen in den nächsten Jahren eine Reihe von E-autos, ab 2020 geht es im Konzern richtig los: Alle vier Marken arbeiten mit dem gleichen modularen Elektrobaukasten, den Sie entwickeln. Alle vier stehen de facto auf der gleichen Plattform. Die Differenzierung wird schwierig.
Die Differenzierung über den Antrieb wird es schon noch ge- ben. Aber sie steht weniger im Vordergrund als in der Verbrenner-welt. Bedienung und Interaktion werden das Kerndifferenzierungsthema sein. Differenziert wird natürlich im Cockpit und im Design, also in jenen Bereichen, die man sieht.
Wie stark beschleunigt die Diesel-diskussion derzeit die Entwicklung der E-mobilität?
Dazu muss man nicht viel studiert haben: Bei den Emissionsvorgaben bis 2025 kann man sich mit Verbrennern bis 2025 noch gut bewegen. Dann geht es stärker Richtung E-antrieb. Wenn man die Zeit jetzt nicht nutzt, sich als E-marke zu positionieren, wird man es künftig schwer haben.
Welche Rolle spielt China?
Versuchen Sie heute einmal, ein Verbrennerfahrzeug in Peking oder Schanghai neu zuzulassen. Man muss E-autos im Angebot haben, sonst ist man nicht konkurrenzfähig.
China bringt immer mehr Restriktionen, was die Verbrennungsmotoren betrifft. Könnte man die Situation so provokant formulieren, dass China in Sachen E-mobilität die Alte Welt vor sich her treibt, weil es den größten Mobilitätsmarkt hat und alle Hersteller hier verkaufen wollen?
Die Verbrenner werden zwar technisch immer besser, aber China drängt zunehmend Richtung Elektromobilität.
Der Volkswagen-konzern bringt ab 2020 eine Reihe von Eautos auf den Markt, auch andere Konzerne ziehen mit. Wächst die europäische Lade-infrastruktur im gleichen Tempo?
Es gibt vier Bereiche zum Laden: zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Stadt und entlang der Schnellstraßen. Zu Hause und entlang der Autobahnen haben wir gute Lösungen, das wird funktionieren. Auch am Arbeitsplatz wird es Möglichkeiten geben. Das Laden in der Stadt können wir als Autokonzern aber nicht alleine lösen. Die Stadt ist Gemeinschaftsaufgabe mit den Kommunen.
In welcher Gewichtsklasse wird sich der I.D. bewegen?
Die E-autos werden gewichtsmäßig oberhalb des Verbrenners liegen. Wir werden aber die volle Zuladung etc. bieten.
100 kg mehr bedeuten drei Prozent mehr Stromverbrauch. Wie steuert man da gegen? Mit Leichtbau – was in der Erzeugung wieder mehr Energie benötigt?
Leichtbau ist ein Element. Aerodynamik ist wirkungsvoller. Aber: Die Pendlerreichweite ist gelöst, die nächste Aufgabe ist die Langstreckenfähigkeit.
Werden Sie für Ihre Fahrzeuge eine Art Gesamtenergiebilanz ausweisen?
Natürlich. Wir werden höchste Transparenz bieten: Welche Emissionen verursacht wurden etc., das wollen wir aktiv beantworten. Elektro ist jetzt schon 20 Prozent besser als Diesel – im Eu-strommix berechnet.