Wenn Politiker gerne Cäsaren wären . . .
nach dem kleinen, wohltemperierten Lebensglück strebenden Erdenbürgern, die wir heute annäherungsweise selbst verkörpern.
Spenglers These ist nun, dass zur Überwindung massenhafter Armut und Erreichung allgemeinen Wohlstands zwar fulminante technische Leistungen nötig seien. Diese brächten aber keine nennenswerte Kultur mehr hervor, sondern eben nur „pöbelhaftes“, ganz und gar äußerlich gerichtetes Wohlleben, garniert mit einer uneigentlichen, fernöstlich inspirierten „zweiten Religiosität“. ngenieurskunst, Wellnessspiritualität und Mehrparteiendemokratie – das ist demnach die Trias des Verfalls. Währenddessen beginnt, laut Spengler, der Wille zur Macht, der unauslöschlich im Menschen wirkt, sich von den ursprünglich abendländischen Werten abzukoppeln. Zwar wird der Ruf nach Gemeinschaft und autoritärer Führung wieder lauter, Renationalisierung steht auf der Tagesordnung, mit Wohllebenstechniken geht die Entwicklung der Kriegstechnik einher. Doch im Dienste welcher Ideale? Die Parteien verkörpern Proporzdenken, Korruptionsneigung und Selbstsucht. Den starken Fraktionen eigne nach wie vor „Raubtiergesinnung“, allerdings trete diese nun, in der Abendröte der Zivilisation, durch unverhüllt brutale Gestalten zutage: Mussolini, Hitler!
Was Spengler, der 1936 stirbt, an Hitler störte, war – abgesehen von dessen „plebejischem“
IAntisemitismus – vor allem der Umstand, dass er als Führer des Deutschen Reiches zugleich Parteiführer sein wollte. Der Führertyp hingegen, der durch die Entfesselung großer Kriege eine Zivilisation ausbrennen lasse, um einer weltgeschichtlich neuen Kultur Platz zu machen – das ist für Spengler der authentische Typ des Cäsaren, welcher die Partei einzig als Infriedfertigen, strument seiner Macht- und Überwältigungspläne nützt. Spengler verweigert Hitler die Gefolgschaft und wird von den Nazis totgeschwiegen. an könnte meinen, damit sei Spenglers „Morphologie der Weltgeschichte“zu einer historischen These entschärft, zumal die Staatenordnung nach 1945 die Stärke des
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