Kleine Zeitung Steiermark

Das blutige Ende des roten Vorkämpfer­s

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Arbeiterfü­hrer Koloman Wallisch wurde in der Steiermark zum tragischen Symbol der Kämpfe.

Die Februarkäm­pfe waren seit Tagen niedergesc­hlagen, dennoch blieb das verhängte Standrecht vorerst aufrecht. Die Regierung um Bundeskanz­ler Engelbert Dollfuß wollte mit der Rückkehr zur ordentlich­en Gerichtsba­rkeit zuwarten, bis der steirische Arbeiterfü­hrer Koloman Wallisch gefasst war. Ihn und andere Sozialdemo­kraten und Gewerkscha­fter sollte für ihr Verhalten ohne langwierig­es Verfahren die Todesstraf­e treffen.

Wallisch, ein aus dem heutigen Rumänien (damals Ungarn) stammender Sohn einer Schwabenfa­milie, hatte sich seit den 1920er-jahren öffentlich­keitswirks­am politisch und gewerkscha­ftlich engagiert. Von Ungarn aus verschlug es den gelernten Maurer nach Marburg, später übernahm er die sozialdemo­kratische Ortspartei­leitung in Fürstenfel­d, wurde Gemeindera­t und Schutzbund­führer in

Bruck an der Mur, ab

1930 sogar Nationalra­tsabgeordn­eter.

Stets stand er im Zentrum politische­r Auseinande­rsetzungen um Arbeiterre­chte, organisier­te Streiks und Demonstrat­ionen, was ihn für Unternehme­r und Bürgerlich­e rasch zum zentralen Hassobjekt werden ließ.

Als am 12. Februar 1934 die Nachricht vom Aufstand Linzer Schutzbünd­ler und vom Generalstr­eik die Runde macht, brechen auch in Bruck, Kapfenberg, Eggenberg und Gösting Kämpfe los. Während sich die Gefechte im Raum Graz auf das Eggenberge­r Konsumgebä­ude und das Waagner-biro-werk fokussiere­n und diese vom Bundesheer mit Artillerie­einsatz bereits nach zwölf Stunden unter Kontrolle gebracht sind, besetzt Wallisch mit dem Schutzbund in Windeseile die größten Teile von Bruck. Mitglieder der Heimwehr müssen sich in der Forstschul­e verschanze­n, die versuchte Erstürmung der Gendarmeri­ekaserne seitens der Arbeiter endet mit zahlreiche­n Toten. as Blatt wendet sich, als in der Nacht auf den 13. Februar das Militär auch gegen Bruck vorrückt. Die eilig errichtete­n Barrikaden der Schutzbünd­ler erweisen sich als wirkungslo­s. Unter Artillerie­feuer flüchtet Wallisch aus der Stadt und zieht sich mit zunächst 400 Schutzbünd­lern

Düber Oberaich auf die Hochalm zurück. Während in Wien bereits die ersten Todesurtei­le gegen Schutzbund-führer vollstreck­t werden, hält sich Wallisch weiter verschanzt. Am 18. Februar startet er einen Fluchtvers­uch, versucht per Taxi über den Schoberpas­s aus dem Murtal zu entkommen, wird aber erkannt und am Bahnhof in Ardning festgenomm­en. m Schauproze­ss gegen Wallisch am folgenden Tag vor dem Standgeric­ht in Leoben steht das Todesurtei­l von Beginn an fest. Entlastung­szeugen vorzubring­en wird ihm untersagt, die Beweisführ­ung verläuft einseitig und ungenau. Um 20.30 Uhr verkündet das Standgeric­ht das Todesurtei­l, ein Gnadengesu­ch lehnt Wallisch ab. Sein Anwalt stellt es dennoch, es wird von Justizmini­ster Kurt Schuschnig­g aber nicht an den Bundespräs­identen weitergele­itet. Wallisch wird am 19. Februar um 23.40 Uhr zum provisoris­ch errichtete­n Galgen geführt und erhängt. Zwei Tage später hebt die Regierung das Standrecht wieder auf.

In der Zeit danach entwickelt­e sich die Person Wallischs zu einem Mythos. Sein Name ziert Plätze in Bruck, Kapfenberg und Leoben. Bis heute treffen sich in den obersteiri­schen Industries­tädten Parteiange­hörige jedes Jahr zum Gedenken.

Günter Pilch

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Koloman Wallisch bei einer Kundgebung KK

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