Der Liquidator der Demokratie
Für die Linken war er der „Arbeitermörder“, für die Bürgerlichen ein „Märtyrer im Kampf gegen die Nationalsozialisten“. Unumstritten aber dürfte sein, dass Bundeskanzler Engelbert Dollfuß in Österreich ein autoritäres Regime errichtete.
Eingebettet in die „Türkenbefreiungsfeier“und umrahmt vom „Katholikentag“hielt Engelbert Dollfuß beim ersten Generalappell der „Vaterländischen Front“am 11. September 1933 auf dem Wiener Trabrennplatz fest, dass dem „Liberalismus“die „Willkür“folgte, seine Regierung aber „die Zeit kapitalistisch-liberalistischer Wirtschaftsordnung“, „die Zeit marxistischer, materialistischer Volksverführung“beendet hätte und „Gleichschalterei und Terror“durch „Autorität“bekämpfen würde. Die „Autorität“käme aus der „Führung durch verantwortungsbewußte, selbstlose, opferbereite Männer“, die wie die an der Front kämpfenden „christkatholischen“Offiziere „nichts als“ihre „Pflicht erfüllen“. Das Ideal der von ihm gewollten ständischen Gesellschaft sah er im „Bauernhause, wo der Bauer mit seinen Knechten nach gemeinsamer Arbeit abends am gleichen Tisch, aus der gleichen Schüssel seine Suppe ißt“und „beide noch nach Feierabend zum Rosenkranz sich niederknien“.
dieser rückwärtsgewandten Utopie werden die prägenden Elemente des autoritär regierenden österreichischen Bundeskanzlers sichtbar. Als lediges Kind einer Bauerntochter wuchs der 1892 geborene Dollfuß auf dem kleinen Bauernhof seines Stiefvaters in Kirnberg auf. Nach der Volksschule besuchte er das Knabenseminar in Oberhollabrunn. Hier fand er Anschluss in eine katholische Gymnasialverbindung und trat, als er nach der Matura als Wiener Priesterseminarist das Theologiestudium aufnahm, der Franco-bavaria im CV bei. Nach zwei Semestern wechselte er zum Studium der Rechtswissenschaften und meldete sich als Einjährig-freiwilliger 1914 zum Kriegsdienst. Zunächst wegen seiner Körpergröße abgelehnt, schaffte er im zweiten Anlauf die Musterung und absolvierte die Offiziersschule. Als Angehöriger des Kaiserschützenregiments Nr. 2 wurde er 1915 an die italienische Front verlegt, wo er als Kommandant einer Maschinengewehrabteilung mehrfach dekoriert bis 1918 diente. Der aus dem Krieg heimgekehrte Oberleutnant setzte sein Studium fort und war Mitbegründer der „Deutschen Studentenschaft“, die als Interessensvertretung die Mehrheit der konservativen Studenten vertreten sollte. Innerhalb des CV trat er als Wortführer der Anschlussbefürworter auf und gehörte daneben der „Deutschen Gemeinschaft“an, die als Netzwerk katholischnationaler und deutschnationaler Konservativer gedacht war. ls Sekretär des katholischen Bauernbundes wurde er für einige Monate zum Studium nach Berlin entsandt und lernte dort Alwine Glienke kennen, die er 1921 heiratete. Im Jahr darauf proin
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