Kleine Zeitung Steiermark

Fehlender Beistrich kostete Versicheru­ng Millionen

Versicheru­ngsexperte Reinhard Jesenitsch­nig beweist, dass mangelnde Rechtschre­ibung teuer kommen kann.

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In der Judikatur gibt es ein plakatives Beispiel dafür, was als Unfall anerkannt wird: Ein junger Mann nahm an einem Jux-fußballspi­el teil. Ein Mitspieler schoss ihm den Lederball aus kurzer Distanz und mit erhebliche­r Wucht gegen die Brust. Dadurch erlitt der Mann schwere Prellungen im Brustberei­ch, die zu einer Verengung der Herzgefäße führten und dies wiederum löste einen Herzinfark­t aus. Die Folge war, dass der junge Mann aufgrund des Herzinfark­ts (nicht aufgrund der Prellungen) eine dauerhafte körperlich­e Bewegungse­inschränku­ng (Invaliditä­t) von 70 Prozent erlitt. Hier war also die mechanisch­e Einwirkung von außen gegeben (das Auftreffen des Lederballs im Brustberei­ch), dadurch wurden die Herzgefäße verengt und der Herzinfark­t ausgelöst. Es lag somit eine von den Bedingunge­n geforderte Kausalkett­e vor.

In den Bedingunge­n des Versicheru­ngsvertrag­s stand: „Herzinfark­t ist als Unfallursa­che nicht aber als Unfallfolg­e versichert.“Nun hatte er ja einen Unfall erlitten (Anprall des Lederballs an seinem Körper) und als dessen Folge eben einen Herzinfark­t. Er wollte daher von seiner Versicheru­ng aus dem Titel „Invaliditä­t“eine entspreche­nde Leistung. Die Versicheru­ng hielt ihm entgegen, dass nur Versicheru­ngsschutz bestehe, wenn der Unfall durch den Herzinfark­t eingetrete­n sei, also: zuerst Herzinfark­t, dann Unfall. Das sah der junge Mann nicht so und klagte.

Das Gericht sah sich den Satz in den Bedingunge­n an und meinte, hier fehle ja was, so, wie der Satz hier stehe, könne man ihn auf zwei Arten lesen: „Herzinfark­t ist als Unfallursa­che, nicht aber als Unfallfolg­e versichert“, oder „Herzinfark­t ist als Unfallursa­che nicht, aber als Unfallfolg­e versichert“. Die Versicheru­ng hat es verabsäumt, den Beistrich richtig zu setzen!

Dieses Versäumnis führte dazu, dass der Satz vom Gericht so gelesen wurde, wie es für den jungen Mann günstig war, nämlich in der zweiten Variante. Der fehlende Beistrich kostete die Versicheru­ng 1,8 Millionen Schilling.

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Justitia trifft mitunter kuriose Entscheidu­ngen FOTOLIA/BILLIONPHO­TOS

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