„Tosca“-thriller mit wildem Mafia-finale
Ansonsten ist Michael Sturmingers Inszenierung der diesjährigen Opernproduktion der Salzburger Festspiele konventionell geraten.
Denn ansonsten ist die Inszenierung des österreichischen Regisseurs über die weitesten Strecken völlig konventionell und hart am Libretto, außer dass er sie in die Gegenwart verlegt, um offensichtlich die berechtigte Zeitlosigkeit der Themen wie Machtmissbrauch, Willkür etc. aufzuzeigen.
Renate Martin und Andreas Donhauser zeigen in heutigen Gewändern eine an das Original gemahnende historische, ästhetische Kulisse der römischen Kirche Sant’andrea della Valle, des Palazzo Farnese und der Engelsburg. Als Titelheldin ist mit Anja Harteros auch darstellerisch von eifersüchtig über zickig bis liebend eine „Weltklasse“-tosca aufgeboten, die mit feinsten Details und reichen farblichen Abstufungen fasziniert und bei ihrem Gebet „Vissi d’arte“mit inniger Pianokultur und tiefer Emotion punkten kann.
Aleksandr Antonenko singt einen robusten, mächtigen Cavaradossi mit Schmelz und mühelosen Höhen und kann auch das „Vittoria!“strahlend schmettern. Ludovic Tézier ist ein Scarpia mit edler baritonaler Eleganz, dem es jedoch an dämonischer Bösartigkeit fehlt. Bei den kleineren Rollen sticht vor allem Andrea Mastroni als schönstimmiger Cesare Angelotti hervor. Matteo Peirone als Mesner ist vom Stimmvolumen her etwas unterbelichtet. Wunderbar singt der Knabe Benjamin Aster den Hirten. Verlässlich wie immer der Salzburger Bachchor (Einstudierung: Alois Glaßner) und der Kinderchor (Einstudierung: Wolfgang Götz).
Christian Thielemann dirigiert seine dritte italienische Oper in Salzburg mit Akribie und großem Sinn für Effekte und Klangmischungen, mit extrem ausgereizter und geschärfter Dynamik, nur selten zu überhitzt laut. Er versteht in der Sächsischen Staatskapelle Dresden meist Hochspannung, aber auch duftige Klangschönheit zu erzeugen. Beim veristischen Edelreißer fehlt es jedoch etwas an aufblühender Italianità.
Dafürwurden er, die Musiker, die wie üblich zum Schlussapplaus auf die Bühne kamen, und die Sänger bejubelt – der Regisseur bekam doch auch einige Buhs ab.