Kleine Zeitung Steiermark

Wien bald allein auf weiter Flur

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Von den vier Eu-neutralen schließt sich nur Österreich Boykott nicht an.

ist die größte Ausweisung­swelle seit dem Ende des Kalten Kriegs. Mehr als 150 russische Diplomaten müssen in den nächstenta­gen die Koffer packen. In der EU haben sich bereits 19 der 28 Länder den Maßnahmen angeschlos­sen – in Reaktion auf den Giftanschl­ag auf den in Großbritan­nien lebenden Ex-spion

Skripal. Bis zu 130 Personen sollen Spuren des Gifts abgekommen haben.

Österreich schließt sich dem Boykott nicht an und beruft sich auf die Neutralitä­t. Nur: Von den vier neutralen Eu-staaten haben sich bereits drei den Maßnahmen angeschlos­sen. Irland folgte nun dem Beispiel von Schweden und Finnland und wies einen russischen Diplomaten aus.

Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ) verteidigt­e gestern einmal mehr die Entscheidu­ng, forderte allerdings eine „volle Aufklärung der Sachverhal­te“. Österreich­s Haltung dürfte sich aber auch dann nicht ändern, wenn sich herausstel­le, dass Russland für den Anschlag von Salisbury verantwort­lich sei. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) und Kneissl hatten am Montag gemeinsam mitgeteilt, dass Österreich keine nationalen Maßnahmen setzen werde. „Vielmehr wollen wir die Gesprächsk­anäle nach Russland offenhalte­n. Österreich ist ein neutrales Land und sieht sich als Brückenbau­er zwischen Ost und West.“

Zurückhalt­ung dürfte andere Gründe haben: ökonomisch­e. Währendwie­n gegen die Türkei schwere Geschütze auffährt, verfolgt man gegenüber Moskau seit eh und je einen Kuschelkur­s. Und so gerät Österreich innerhalb der EU, die sogar eine Solidarisi­erungsklau­sel besitzt, immer mehr in Isolation. In der Slowakei bröckelt die Front, der Staatspräs­ident fordert die Solidarisi­erung mit dem Westen. Auch in Slowenien und Portugal sind die Dinge in Bewegung. Griechenla­nd und Bulgarien, beide orthodox geprägt, sind traditione­ll russlandfr­eundlich, Malta und Zypern sind eng mit Russland wirtschaft­lich verflochte­n.

Nicht nur internatio­nale Medien wie die „New York Times“oder der „Spiegel“reagieren mitunverst­ändnis. Der bekannte Terrorexpe­rte Peter Neumann, der von Kurz als Osze-sonderbeau­ftragter eingesetzt worden war, twitterte: „Das ist Österreich, wie es seine Brücken zumwesten niederbren­nt.“Kneissl meldete sich am Abend zu Wort. „Wir brennen hier überhaupt nichts nieder. Wir sind zweifellos ein Land des Westens.“Wer das anzweifle, „weiß nicht, wovon er spricht“.

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„Wien brennt Brücken nieder“: Neumann
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„Wir brennen nichts nieder“: Kneissl

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