Spende nach Syrien war keine Is-finanzierung
Asylwerberin überwies an Verwandte Geld, das auch der Terrorfinanzierung gedient haben soll. Das Gericht sprach sie gestern frei.
Großes Drama im Schwurgerichtssaal des Landesgerichtes Graz. Untertränen appelliert die Verteidigerin an die Laienrichter im Schöffensenat: „Wenn unser Rechtssystem so beschädigt ist, dass wir diese Frau verurteilen, dann haben die gewonnen.“– „Was heißt das?“, schimpft der Staatsanwalt, „Wenn sie verurteilt wird, bin ich ein Vertreter des IS? Nein? Dann reden Sie nicht so einen Unsinn.“
Die Angeklagte (39) ist Syrerin, 2015 kam sie als Flüchtling in die Oststeiermark. Ihr wird vorgeworfen, 2016 genau 304,20 Euro an eine gewisse „Rania“in der Südtürkei überwiesen zu haben. Von dort soll das Geld weiter nach Rakka, ihrem Geburtsort, geflossen sein. Auch wenn das Geld für Verwandte bestimmt gewesen sei, kam es zumindest zum Teil in Form von „Spesen“dem IS zugute, der seine Hauptstadt in Rakka errichtet hatte. Das sei „Terrorfinanzierung“, erklärt der Staatsanwalt.
Plötzlich geht die Tür des schwer bewachten Saales auf und sechs der sieben Kinder der Angeklagten marschieren herein. Ihre Mutter bricht in Tränen aus, und der Staatsanwalt ätzt in Richtung Verteidigerin, der er „Sentimentalisierung“vorwirft: „Das ist Ihre Leistung. Unmündige sind nicht zulässig in einem Schöffenverfahren.“ Die Kinder werden wieder hinausgeschickt.
Der Hinweis für die Anklage kam vom französischen Geheimdienst und der Staatsanwaltschaft Paris. Die dortigen Behörden haben ein ganzes Netzwerk von syrischen Asylwerbern aufgedeckt, die von Deutschland, Schweden, Dänemark und eben Österreich aus freiwillig oder erzwungenermaßen Geld an diese Rania überwiesen haben, hinter der ein Strohmann des IS vermutet wird.
Das Schöffengericht folgt der Argumentation der Verteidigung, dass die Angeklagte keinesfalls Terroristen finanzieren wollte, und fällt einen Freispruch – nicht rechtskräftig.