„Die neuewelt, der neue Kosmos“
Vexilla regis prodeunt …!“– Es erscheinen des Königs Banner, wie ein Blitz erstrahlt des Kreuzesmysterium … So jubelt derhymnus des Venantius Fortunatus, seit fünfzehn Jahrhunderten das österliche Siegeslied der Christenheit.
Noch liegen die Soldaten auf Piero della Francescas Fresko, noch liegt die Menschheit im Morgengrauen des dritten Tages in tiefem Schlaf. Einen Augenblick waren die Wächter vom Donnergrollen eines Erdbebens, vom Einbruch des Engels aufgeschrecktworden, dessen Gestalt war wie ein Blitz und sein Gewand war weiß wie Schnee. Vor Entsetzen zitternd fallen sie hin wie tot.
Es ist wahrhaftig zum Fürchten, wenn der Sohn Gottes, wenn der lebendige Gott selbst in seiner Majestät heraussteigt aus dem Reich des Todes. Als Sieger trägt er die Fahne mit dem Kreuz in der Rechten, mit der Linken rafft er seine Purpurtoga. Den durchbohrten linken Fuß setzt er auf die Einfassung des Grabes; ganz heil ist der geschundene Leib, das Antlitz zeigt keine Spur mehr von den Misshandlungen. it seinen weit geöffneten Augen durchschaut er, prüft er diese seine neue Welt, den neuen Kosmos: Nichts ist mehr so, wie es gewesen war, der alten Schlange ward der Kopf zertreten und tote Bäume grünen aufs Neue, zu sehen gleich neben dem gerafften Königsmantel. Auch das
Mirdische Paradies ist wieder hergestellt in ursprünglicher Ordnung und Harmonie.
In der Liturgie zur Osternacht ist das „Exsultet“angestimmt worden, das in überwältigenden Bildern den Weg der Schöpfung darstellt und in dem schwindelerregenden Paradoxon gipfelt: „O wahrhaft liebenswerte Schuld Adams, die durch Christi Sterben getilgt ward! Oglückliche Schuld, die einen so großen, so erhabenen Erlöser zu erhalten verdiente!“it dem Antlitz des Auferstandenen auf seinem Fresko gibt uns auch Piero della Francesca wie manch anderer Maler seiner Zeit ein Rätsel auf, das bis heute viele Menschen nicht zur Ruhe kommen lässt: Wie sah er aus, der Erlöser, als er aus dem Grabe stieg?
Piero befand sich 1458/1459 in Rom. Bald darauf hat er seine „Auferstehung“gemalt. Hat er in Rom jenes Tüchlein aus Byssos gesehen, einem kostbaren Gewebe aus Muschelseide, das farbabweisend ist und daher gar nicht bemalt werden kann? Im Grab soll es auf dem Haupte Jesu gelegen sein … s zeigt uns das ebenso nachdenkliche wie fröhliche Antlitz des Herrn, durchscheinend ist es, wie ein Diapositiv. Heute wird es in dem Städtchen Manoppello in den Abruzzen aufbewahrt. Nachschauen und googeln!
Gesegnete Ostern!
ME