Diewende braucht mehr Mut
Österreichs neue Klimastrategie enttäuscht in weiten Teilen. Ohne mutige Maßnahmen ist die ökologischewende nicht machbar. Diese lässt die Regierung bisher vermissen.
Die Euphorie war groß, als sich die Staaten der Welt in den Dezembertagen 2015 in Paris auf gemeinsame Klimaziele einigten. An vorderster Front der Jubilierenden stand Österreichs damaliger Övp-umweltminister Andrä Rupprechter, der uns bei dieser Gelegenheit wissen ließ: „Das Ende des fossilen Zeitalters ist eingeleitet und die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft ist damit gestartet.“Na dann.
Der Minister und seineregierungskollegen dürften da etwas missverstanden haben. Denn anders als in anderen Staaten spielte Klimapolitik in Österreich fortan keine Rolle mehr. Die unter dem Eiffelturm entworfene Verpackung wurde hierzulande nie mit Inhalten befüllt, Österreichs Politiker ließen nicht eine einzige strategische Maßnahme vom Stapel, um den hochgepriesenen Klimazielen gerecht zu werden. Sprach man Rupprechter und seine Nachfolgerin darauf an, lautete die Antwort stets sinngemäß: Ruhig Blut, es werde ja gerade eine integrierte Klimaund Energiestrategie erarbeitet, die sämtliche künftigen Klimaschutzmaßnahmen bündelt.
Seit gestern liegt das Papier (um Jahre später als ursprünglich geplant) vor – und die Ernüchterung ist beträchtlich. Statt konkreter Maßnahmen dominieren Allgemeinplätze, die alles oder nichts bedeuten können. So will die Regierung im Verkehr „optimal abgestimmte, öffentliche Liniennetze umsetzen“, bei Gebäuden „eine hohe Sanierungsrate und Sanierungsqualität anstreben“, dazu die Ausgabenstruktur „kosteneffizient ausrichten“. Der unbedarfte Leser staunt: Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, um das festzustellen?
Die in der Strategie festgehaltenen Ziele sind löblich, zum Teil sogar sehr ambitioniert. Doch detaillierte Reduktionspfade für einzelne Sektoren bleibt die Regierung ebenso schuldig wie Maßnahmenpakete, die aufkosten undwirksamkeit durchgerechnet wären. Finanzierungspläne fehlen fast komplett. Eine unabdingbare ökologische Steuerreform bleibt ausgespart, auch am Steuersystem auf Treibstoffe wird nicht gedreht. Nur mit Mühe nachvollziehbar ist die Ankündigung, ökologisch nachteilige Subventionen von einer Arbeitsgruppe analysieren und auflisten zu lassen. Mitverlaub: Das Wifo hat das längst getan, ein Anruf dort hätte genügt.
Dass Österreichs Emissionen durch diese umweltpolitischen Lähmungserscheinungen seit Jahren wieder steigen, statt zu sinken, sollte eigentlich ein Alarmsignal sein. Auf dem derzeitigen Weg, so rechnete unlängst der Klimaökonom Karl Steininger vor, hat Österreich sein in diesem Jahrhundert verfügbares Emissionsbudget in 17 Jahren aufgebraucht. ie bisherige ökologische Bilanz dieser Regierung bleibt damit – ebenso wie jene des Vorgängerkabinetts – mager. Seine Vorreiterrolle in Umweltfragen hat Österreich ohnedies schon vor Jahren an den Nagel gehängt, der Bauchfleck bei den Kyoto-zielen zeugt davon. Das Land nimmt derzeit Kurs auf die nächste klimapolitische Blamage.
D