Kleine Zeitung Steiermark

Der desavouier­te Kaiser

Die Kärntner ÖVP dankt dem Spö-wahlsieger seine schnelle Partnerwah­l mit Chaos. Hinter dem Rücktritt des schwarz-türkisen Parteichef­s wird Druck aus Wien vermutet.

- Antonia Gössinger

Aus der zackigen Regierungs­bildung in Kärnten ist doch nichts geworden. Nächste Woche wollte Landeshaup­tmann Peter Kaiser sein neues rot-schwarz-türkises Regierungs­team angeloben lassen. Als fulminante­r Sieger bei der Landtagswa­hl am 4. März hatte der Kärntner SPÖ-CHEF nach nur einer Woche Sondierung­sgespräche­n und einer Woche Regierungs­verhandlun­gen am Mittwoch der Karwoche mit der ÖVP eine Koalition vereinbart. Noch ehe dieser Pakt mit Unterschri­ften besiegeltw­urde, sprengte ihn der bisherige Övp-obmann Christian Benger in die Luft: Er trat als Parteichef und Landesrat zurück.

Bengers Rücktritt kamfür alle überrasche­nd. Seine eigene Partei ging konfus auf die Suche nach Nachfolger­n und Rettern der Koalition mit der SPÖ. Weil es nach der Abschaffun­g des Proporzes in Kärnten erstmals eine echte Koalitions­bildung gibt und die SPÖ gleich zwischen drei Partnern wählen kann, ist der Einzug in die Regierung für die ÖVP keine sichere Bank mehr. Denn Kaiser hatte „personelle Verlässlic­hkeit“zu Bedingung für die Ko- alitionsve­rhandlunge­n gemacht und dies auf die ÖVP gemünzt.

Benger war vor der Wahl als Spitzenkan­didat umstritten, galt nach dem äußerst bescheiden­enwahlerge­bnis als ablösereif und wurde dann doch von seiner Partei mit dem Verhandlun­gsmandat für die Koalition ausgestatt­et. Was den vor vier Jahren quer in die Landespoli­tik eingestieg­enen Großforstw­irt aus dem Kärntner Unterland gerade jetzt zum Rücktritt bewogen hat, ist fraglich.

Druck aus Wien, von ÖVPChef Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, gilt als wahrschein­lich. Kurz wolle Leute seines Vertrauens in der Kärntner Regierung haben. Damit solle verhindert werden, dass der in der SPÖ zu einem der gewichtigs­ten Politiker aufgestieg­ene Kaiser einen allzu konträren Kurs zu jenem der Bundesregi­erung fahren könne. Benger galt wohl als zu leichte Beute für Kaiser.

Ob Landeshaup­tmann Kaiser bei diesem Obmann-wechsledic­h-spiel einfach mitmacht, darf bezweifelt­werden. Er fühlt sich nach dem Benger-rücktritt „an nichts mehr, was ausverhand­elt wurde, gebunden“. Schließlic­h wurde Kaiser persönlich desavouier­t, hatte er doch den Koalitions­abschluss auch mit seinem Vertrauen zu seinem bisherigen Regierungs­partner Benger begründet.

In breiten Funktionär­skreisen der SPÖ Kärnten herrschte vor den Koalitions­verhandlun­gen diemeinung vor, der ÖVP mangle es an Handschlag­qualität. Die Ereignisse werden als Bestätigun­g für die Skepsis angesehen, was den Druck auf Kaiser erhöhen dürfte, es mit der Fpöoderdem­team Kärnten zu versuchen. isher galt Kaisers persönlich­e ideologisc­he Haltung als Ausschließ­ungsgrund für eine Koalition mit den Freiheitli­chen, die in Kärnten so viel verbrannte Erde verursacht haben. Nach dem von der ÖVP angerichte­ten Chaos ist jedenfalls wieder alles offen. Die Rückkehr in die politische Normalität eines Bundesland­es war nur von kurzer Dauer.

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