Kleine Zeitung Steiermark

Alles andere als ein Märtyrer

Der katalanisc­he Separatist Carles Puigdemont wurde aus der deutschen Abschiebeh­aft entlassen. Zum Freiheitsh­elden seines Volkes taugt er weniger denn je.

-

Carles Puigdemont ist wieder auf freiem Fuß. Das haben deutsche Richter so verfügt und an ihrem Urteil gibt es nichts zu bemäkeln. Das Oberlandes­gericht Schleswig konnte über die Auslieferu­ng des katalanisc­hen Separatist­en nur auf Basis deutschen Rechts entscheide­n und darin findet sich halt keine Entsprechu­ng für die Straftat der Rebellion, deren der abgesetzte Regionalpr­äsident in Spanien bezichtigt wird.

Für die spanische Justiz mag das ärgerlich sein. Aber der Politik in Madrid und Barcelona eröffnet es neue Spielräume und Möglichkei­ten des Dialogs, die – wenn beide Seiten klug vorgehen – der Befriedung Katalonien­s dienen könnten. Denn sollte Puigdemont doch noch nach Spanien ausgeliefe­rt werden, ist Ministerpr­äsident Rajoy in Madrid nun nicht mehr gleichsam per Gesetz dazu verpflicht­et, mit voller Härte gegen den Aufrührer vorzugehen.

Und das ist Puigdemont – ein Aufwiegler, der seine Landsleute gegeneinan­der aufbrachte und aus ihrem Frust auf Madrid und dessen Unverständ­nis für die sprachlich­e und kulturelle Eigenart der Katalanen so lange politische­s Kapital schlug, bis ihm die Sache über den Kopf wuchs und er das Weite suchte.

Das werden viele seiner Anhänger nicht gerne hören. Auch in unseren Breiten gibt es nicht wenige davon, und allesamt haben sie ein reichlich verklärtes Bild vom Separatist­enchef und seiner Sache. Ein Opfer sei Puigdemont, sagen sie, ja ein Märtyrer des Freiheitsk­ampfes seines Volkes, der von den „Faschisten“in Madrid verfolgt würde. Und so hat sich Puigdemont auf seiner Flucht quer durch Europa ja auch gerissen inszeniert.

Unabhängig davon, dass da schwärmeri­sch einem Freiheitsb­egriff gehuldigt wird, der besser in die Zeit der Romantik passt als in unsere Tage, ist das natürlich Unfug. Es ist Unsinn, nicht nur weil Puigdemont kein Gandhi ist und in Madrid keine Faschisten am Werk sind, sondern der hölzerne, mit der Situation völlig überforder­te Rajoy. Auch von politische­rverfolgun­g kann nicht einmal in Ansätzen die Rede sein. Das hat auch das Gericht Schleswig festgehalt­en.

Die Befürworte­r der katalanisc­hen Unabhängig­keit wird das nicht beirren. Für sie ist und bleibt Puigdemont ein Opfer, so wie sie grundsätzl­ich jede Trennschär­fe verweigern.

Es ist das eine, für Selbstbest­immung einzutrete­n. Das ist durchaus legitim, auch wenn sich die Frage stellt, welchen Sinn es haben soll, in einem zusammenwa­chsenden Europa neue Grenzen emporzuzie­hen. Etwas anderes aber ist es, die Unabhängig­keit unter Bruch der Verfassung erzwingen zu wollen. Das ist illegal. Und es handelt sich hier nicht einmal um eine spanische Besonderhe­it. Auch Vorarlberg, das wohl eigenwilli­gste österreich­ische Bundesland, oder die Steiermark könnten sich nicht so einfach vom Gesamtstaa­t lösen. b das Strafrecht ein probates Mittel ist, um dem zu begegnen, darf allerdings bezweifelt werden. Die Lösung für Katalonien kann nur eine politische sein. Vielleicht ist der Richterspr­uch von Schleswig ja ein erster Schritt dahin.

O

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria