„Quasi geschlechtsblind“ist linguistisch korrekt!
Gerichtsurteil, nach dem auch für Frauen daswort „Kunde“zulässig ist, erweckt Hoffnung, dass der Höhepunkt feministisch (pseudo-) korrekter Ausdrucksweisen schon überschritten ist. Man sieht heute in den Zeitungen (außer gelegentlich in Leserbriefen) kaum noch Schreibungen mit Binnen-i, Schrägstrich, Gender Gap usw., die alle in der amtlichen deutschen Rechtschreibung keine Berücksichtigung finden, obwohl im Unterrichtswesen unverdrossen vielfach darauf bestanden wird. Der ORF verlängert ungewollt seinenachrichtensendungen mit ständigen Doppelnennungen à la „Wählerinnen und Wähler“, „Österreicherinnen und Österreicher“usw., aber von „Ladendiebinnen und Ladendieben“hört man nur ausnahmsweise.
Sprachwissenschaftlich gesehen ist dies alles Unfug, denn das biologische Geschlecht hat mit dem grammatikalischen primär nichts zu tun. Und nicht alle Sprachen haben ein grammatikalisches Geschlecht, drücken aber trotzdem das biologische Geschlecht eindeutig aus. In vielen Sprachen gibt eswortbildungselemente, mit denen eindeutig weibliche Begriffe erzeugt werden, meist gibt es mehrere
(z. B. slowenisch v. a. -ica und -ka), im Deutschen nur eines, nämlich -in – und dieses hat sich krebsgeschwürartig in der feministischen Nomenklatur ausgebreitet, auch dort, wo es grammatikalisch, z. B. Mitgliederinnen, oder sprachhistorisch, z. B. Kundin oder Beamtin, falsch ist. Der Beamte beruht auf beamtet, daher wäre die richtigeweibliche Form die Beamte, wie auch der/die Gesandte – doch nach dem Muster Beamtin kann manbereits auchgesandtin hörenundlesen, fehlt nur noch die Abgeordnetin. Weiters sollte man unterscheiden bei Bezeichnungen wie Arzt oder Lehrer zwischen der Funktion und der Person.
Funktion ist in der Tat „geschlechtsblind“und meint beide Geschlechter, bei der Person aber ist zwischen Arzt und Ärztin zu unterscheiden. So ist es auch bei Landeshauptmann als Funktion, aber Landeshauptmännin als amtausübende Person – Landeshauptfrau ist hingegen linguistisch gesehen eine hybride Bildung (richtige Mehrzahl Landeshauptleute).
Vieles ist Unfug, denn das biologische Geschlecht hat mitdem grammatikalischen primär nichts zu tun.